Nochmal gefragt: Ist eine Pioneer 400 mit deutschem E-Kennzeichen möglich?
Ja, das ist möglich. Verwirrung entsteht oft durch landläufig ungenauen Sprachgebrauch. Um es aufzuklären:
Zunächst der Fall des Flugzeuges, welches in D gebaut wird.
Die Pioneer 400 gibt es als Kit (demnach ein Eingenbau mit min. 51% Eigenleistung) und als fabrikgebautes Flugzeug. Ersteres kann auch in Deutschland gebaut und zugelassen werden, zweiteres (da Alpi weder zugelassener Entwicklungsbetrieb, noch zugelassener Herstellbetrieb ist und auch das Flugzeugmuster keine Zulassung hat) kann in den EASA-Staaten legal garnicht betrieben werden.
In Deutschland werden Eigenbauten nicht wie in anderen Ländern üblich, ewig in einer behördlichen temporären Fluggenehmigung (Permit to fly) gehalten, sondern es gibt eine ordentliche Verkehrszulassung (mit passendem Eintragungsschein, Lufttüchtigkeitszeugnis und auch allen anderen Papieren, die so dazu gehören). Die temporäre Fluggenehmigung gibt es auch; insbesondere für die Zeit der Flugerprobung, um Nachweisflüge oder Überführungen durchzuführen, und so weiter.
Generell ist das Verfahren so, dass die Einhaltung der Lufttüchtigkeitsforderungen (z.Bsp. die CS-23) auch durch Eigenbauten nachgewiesen werden müssen, im Prinzip wir auch bei Musterzugelassenen Flugzeugen. Da jeder Eigenbau anders ist, muss hier nur jedes Exemplar geprüft werden und nicht nur einmal das Muster (von dem dann x identische Flugzeuge hergestellt werden. Der Aufwand, der dazu zu betreiben ist, variiert allerdings mehr oder weniger stark.
Einige Vereinfachungen wurden formalisiert zusammengefasst bei Flugzeugen in der beschränkten Sonderklasse. Das sind die typischen Zweisitzer im Tagessichtflug. Aber das ist kein hartes Limit, sondern nur eine Gruppe von Flugzeugen für die vereinfachte Nachweisführung.
Jedes Zulassungsprogramm muss im Prinzip individuell mit dem LBA abgestimmt werden - entweder durch den versierten Erbauer selber, oder (oft empfehlenswert, insbesondere bei wenig Erfahrung in der Zulassung von Flugzeugen) durch die Experten in der OUV. Diese Zulassungsprogramme sind dann unterschiedlich Umfangreich und enthält gegebenenfalls andere Prüfpunkte und Formen der Nachweisführung: Ist es ein bekanntes Kit (z.B. Vans / Zenith)? Gebaut nach bekannten Plänen (z.B. Falco)? Gebaut nach unbekannteren Plänen? Komplettes Eigendesign? Soll es Schwimmen können? Welches Material? STOL oder Speedster? Welche Erfahrung hat der Erbauer, der Kontrukteur? Wieviele Sitze? Welche Motoren? Wieviele Motoren? Kunstflug? IFR? Viele Dinge fließen in die nachzuweisenden Punkte ein. Ein selbstkonstruierter zweistrahliger Jet mit Druckkabine für 10 Passagiere aus Karbon und FIKI ist also durchaus Möglich - die Nachweisführung und der Anspruch an die Involvierten Personen ist dabei allerdings entsprechend hoch.
Nun zum Fall des Flugzeugs, welches nicht in D gebaut wurde.
Hier gilt es eigentlich nur nachzuweisen, dass der Bau (und ggfs die Konstruktion und das Design) den Vorgaben des deutschen Luftrechts entsprechen. Nur. Bei bekannter Bauaufsicht in Staaten die eine ähnliche Aufsicht pflegen, kann die Behörde davon ausgehen, dass die Regeln zur Zulassung als Einzelstück eingehalten wurden. Und hier kommt es wirklich drauf an, was beim Bau dokumentiert wurde, welche Qualifikationen die aufsehenden Personen hatten, welche Lufttüchtigkeitsforderungen zugrundegelegt wurden. Wenn man ein System hat, welches ähnlich zu dem Deutschen, den Bau relativ eng überwacht und die Prüfer eine hier (zumindest prinzipiell) anerkennbare Luftfahrtqualifikation haben, ist die Übertragung vergleichsweise einfach.
Wenn allerdings nichts Dokumentiert wurde sondern einfach irgendwann ein Permit-To-Fly ausgestellt wurde, muss zur Deutschen Zulassung alles erneut nachgewiesen werden – je nach Bauform und -materialien kann das schonmal prohibitiv aufwändig werden. (Wie willst Du beispielsweise nachweisen, dass eine Flügelschale korrekt aufgebaut wurde, wenn Du keinerlei Informationen zu Design und Ausführung hast?)
Und dazwischen gibt es verhandelbaren Spielraum für die grundsätzliche Frage: Wie weist Du der Behörde nach, dass die Lufttüchtigkeitsforderungen eingehalten wurden.