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8. November 2005: Von Jan Brill an lattermann holger
Hm... da könnte man ein ganzes Heft voll schreiben. Einige Gedanken zu diesem Thema.

Die Sache mit der Wettertauglichkeit ist eine Exponentialfunktion. Am Anfang kann man mit überschaubarem Geldeinsatz noch ordentlich "Wettertauglichkeit" dazu kaufen.
Sagen wir mal ein Flugzeug wird vom VFR-Adler zur IFR-Maschine. Ich hatte für das Heft anhand von DWD-Daten einmal ausgerechnet, dass ich die Strecke Köln-Berlin an durchschnittlich 211 Tagen im Jahr nach VFR fliegen kann (safe = min. 2.000 ft ceilling enroute und 5 km Sicht).
Habe ich auch nur eine IFR ausgerüstete 172er komme ich bereits auf 281 Tage, an denen ich die Strecke ohne Eis oder Konvektion zurücklegen kann. Will ich auch bei Konvektionswetterlagen fliegen brauche ich eigentlich ein anderes Flugzeug (=eines das höher und schneller und mit mehr Reichweite unterwegs ist, ich brauche ein Radar, ein Stormscope und am besten noch ein MT-Satradar dazu). Das bringt mich auf etwas über 300 Tage im Jahr.

Jetzt kommt das Thema Eis: Will ich auch bei Vereisung zwischen 6.000 und 15.000 ft noch fliegen, brauche ich wiederum ein anderes Fluggerät. Sagen wir mal mindestens eine Turbo 210, eine Turbo-Mooney (am besten mit TKS) oder eine Seneca mit Enteisung. Das kann die dreifachen Betriebskosten der 172er ausmachen, bringt mir unterm Strich aber nur zwischen 25 und 35 Tage mehr Einsetzbarkeit.
Will ich auch den Rest der Zeit noch fliegen, komme ich in vollends absurde Regionen für CAT-II und CAT-III Landesysteme, etc. Unrealistisch.

Ich hatte mir zu den Zeiten als ich noch eine Grumman Tiger ex LSZH hatte oft die selbe Frage gestellt: Auch die Tiger wurde ausschliesslich privat genutzt. Eine genaue Betrachtung der geplanten und durchgeführten Flüge hat dann ergeben, dass in dem privaten Nutzungsprofil (IFR) in zwei Jahren höchstens ein Flug abgesagt und vielleicht 3 oder 4 Flüge um mehr als einen halben Tag verschoben werden mussten. Rein wirtschaftlich wäre jede weitere Investition für den privaten Gebrauch unsinnig. Bei mir kam die Entscheidung zur Twin eher emotional, nachdem ich die treue Tiger für den Umzug nach NY über den Atlantik geflogen hatte - einmal wirklich Grönland von oben gesehen und ich wollte eine Twin. Eine mit Turbos... Praxis schlägt die Theorie eben doch bei weitem.

Natürlich macht es aber auch Spass ein größeres, besseres und schnelleres Flugzeug zu fliegen. Meine persönliche Meinung ist dass man - wenn man beides nicht haben kann oder will - mindestens eine Turboaufladung zum ernstlichen IFR mitbringen sollte. Das gilt ganz besonders wenn man den Flieger geschäftlich nutzt.
Auch unsere PA30 hat keine Enteisung. Sie steigt allerdings - wenn sie muss - mit über 1.500 ft/min auf FL180. Das führt zu folgenden Ops-Regeln, die eisern befolgt werden:
1) Flächig Moderate oder Severe Icing = NOGO
2) Für ein GO müssen folgende Bedingungen erfüllt sein: Departure Alternate muss VFR (2.000 ft 5 km) sein oder der Approach samt Missed Approach Segment in Plusgraden
3) Destination und Destination Alternate müssen VFR (s.o.) sein oder der Approach samt Missed Approach in Plusgraden
4) Enroute muss on-top erfolgen, oder mit vernünftigen Alternates in Plusgraden.

Befolgt man diese Regeln hat man immer ein "Out", sollten die angetroffenen Bedingungen deutlich schlechter sein als erwartet. Es ist in der Praxis durchaus möglich einen Layer mit leichter Vereisung zwischen z.B. 7.000 und 14.000 ft zu durchsteigen wenn man gute Turbo-Performance hat. Zwingend ist es dafür einen sicheren Out zu haben.
Tatsächlich würde ich mit einer enteisten Seneca kaum anderes vorgehen - verschaffen einem die Boots doch bestenfalls ein wenig mehr Zeit für den Out.

Mit diesen Einschränkungen musste ich seit April 2004 zwei Flüge in Mitteleuropa wegen Eis absagen (ein weiterer wäre abgesagt worden, das Wetter am Ziel war aber ohnehin below Minimums). Bis jetzt also eine vertretbare Einschränkung für den Werksverkehr.

Thema Twin: Es gibt welche, die fressen einem die Haare vom Kopf, andere nicht. Unsere PA30 fliegt für rund 260 Euro/Std, bei realistischer Rechnung, die sämtliche variablen und fixen Ops-Kosten, inkl. Training mit einbezieht (200 hrs/Jahr). Nicht gerechnet ist eine gewisse Eigenleistung in der Maintenance, die bei einem so alten Flieger nahezu unumgänglich ist.

Die Mooney ist übrigens ein wirklich feines Flugzeug. Gerade mit TKS-Enteisung, die meines Erachtens für kleine Maschinen den Boots immer vorzuziehen ist, da TKS ein Anti-Ice ist während die Boots als De-Ice arbeiten. Gleiches gillt für die SR22. Das einzige was mich an Mooney oder Cirrus stört, ist dass sie nur einen Motor hat...

Die PA30 fliegt in FL180 ebenfalls gute 180 Knoten allerdings fliessen dann nicht 11-12, sondern 14-16 Gallonen pro Stunde durch. Das ist allerdings ein eher untypischer Einsatz: Normalerweise betreiben wir die Twin Comanche ohne oder nur mit minimalem Oxygen zwischen FL130 und FL150 bei 165-170 KTAS und 15-16GPH. Ökonomischer kann man nicht untwegs sein, wenn zwei Propeller am Flugzeug festgeschraubt sind.
Für Ultra-Long-Range lassen geben sich die beiden IO-320 auch mit 6 GPH pro Seite zufrieden, allerdings sind dann nur noch gute 150-155 KTAS drin - da muss sich manche Single schon anstrengen.

Avionik kommt danach. Ob Radar, WX500, MT-Vision-Air oder beides ist nicht unbedingt entscheidend. Am wichtigsten ist tatsächlich erst einmal die Grundperformance des Flugzeuges.

Viel Spass bei den weiteren Überlegungen
Jan Brill

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