LBA auf dem Holzweg. Gegen die ausdrückliche Absicht des Gesetzgebers ist das LBA der Ansicht, ein PPL-Fluglehrer dürfte einen CPLer nicht für eine Klassen- oder Musterberechtigung schulen. |
© AOPA |
Manche Interpretationen deutscher Behörden sind so wild, dass man sich einer gewissen Bewunderung für die Kreativität der Köpfe dahinter nicht verschließen kann. Jedenfalls wenn es nicht um berufliche Existenzen ginge.
Klar ist, dass ein Fluglehrer immer nur das schulen oder als Examiner prüfen kann, was er selber auch in der Lizenz hat und ausüben darf. Das ist Grundsatz im Teil-FCL, in der ICAO und in allen anderen uns bekannten Regelwerken für die zivile Luftfahrt.
Ausnahmen gibt es natürlich beim Simulatortraining für Synthetic Flight Instructors und im Bereich der Theorieschulung, aber wenn es um die Praxis geht und man im Cockpit Platz nimmt, muss der Lehrer selber machen dürfen, was er schult. Das ist klar, zweckmäßig und auch unstrittig.
Dieser Grundsatz führt dazu, dass z.B. ein FI(A) mit PPL keinen Anwärter auf eine Berufspilotenlizenz ausbilden kann. Jedenfalls nicht in den CPL-spezifischen Abschnitten der Ausbildung. Auch das ist klar und wird sicher von allen Beteiligten befürwortet.
Mit Einführung des Teils-FCL sind jedoch einige besonders spitzfindige Behörden auf die Idee gekommen, diesen Grundsatz selbstständig zu erweitern. Demnach dürfte ein PPL-Fluglehrer einen CPLer nicht mal für eine Klassen- oder Musterberechtigung schulen oder gar prüfen. Das ist natürlich kompletter Humbug, denn eine Klassen- oder Musterberechtigung ist ja eben nicht lizenzgradspezifisch. Es gibt kein SEP+ für CPLer oder SEP(light) für PPLer. Es gibt auch kein MEP(ATPL). Die gängigen Klassen- und Musterberechtigungen können mit gleichen Anforderungen in jedem Lizenzgrad geführt werden.
Das sieht man schon daran, dass beim Upgrade z.B. vom CPL zum ATPL alle Klassen- und Musterberechtigungen vom TMG bis zum A380 in die neue höhere Lizenz mit hochgezogen werden, ohne dass man erst noch seine besonderen Fähigkeiten als ATPL-TMG-Pilot nachweisen muss.
Die Qualifikation zu einer höheren Lizenz, z.B. zum CPL, weist man in einer separaten Prüfung, einem eigenen Skill-Test, nach und nicht, indem man eine Klassenberechtigung neu erwirbt. Das ist eigentlich jedem klar, der die Systematik des Teils-FCL auch nur halbwegs durchschaut hat.
Also: Lizenzgrade sind das eine, Klassen- und Musterberechtigungen das andere.
Trotzdem waren die besonders spitzfindigen unter den Luftfahrtbehörden (vor allem in Deutschland) in den letzten Jahren immer mal wieder der Ansicht, ein PPLer dürfe einem heiligen CPLler aufgrund dessen höherer Lizenz nicht das SEP-, SET- oder MEP-Rating beibringen.
Die EASA hat schon in den letzten Jahren auf Anfrage immer wieder erklärt, dass diese Interpretation schlichtweg dummes Zeugs ist. Und weil einige Behörden an ihrem dummen Zeug scheinbar besonders hängen, hat es die EASA im NPA 2014-29(A) nochmal ganz klar und deutlich aufgeschrieben und für alle, denen das zu kompliziert war, auch nochmal in Klarsprache erläutert:
„In FCL.915 General prerequisites and requirements for instructors, the text in (b) is amended to clarify it and make it better understandable. The separation of licence and class or type rating training is considered necessary to allow also holders of a PPL to train holders of a CPL or ATPL for class or type ratings they are qualified for. The text is amended to lift unnecessary burden from General Aviation pilots and to achieve harmonised implementation in all Member States.“
Es sollte also unter intellektuell halbwegs begabten Menschen keine Diskussion mehr darüber geben, was hier die Absicht des Gesetzgebers ist. Nämlich:
„… to allow also holders of a PPL to train holders of a CPL or ATPL for class or type ratings they are qualified for.“
Mit dieser schallenden Watschn wollte man sich aber zumindest beim LBA offenbar nicht abfinden und entwickelte eine neue Argumentation, mit der man den PPL-Fluglehrern das Leben schwer machen kann. Diese stützt sich nicht auf FCL.905, sondern auf FCL.205.A PPL(A) — Rechte. Da steht:
„a) Die Rechte des Inhabers einer PPL(A) bestehen darin, ohne Vergütung als PIC oder Kopilot auf Flugzeugen oder TMGs im nichtgewerblichen Betrieb tätig zu sein.
b) Ungeachtet des vorstehenden Absatzes darf der Inhaber einer PPL(A) mit den Rechten eines Lehrberechtigten oder Prüfers eine Vergütung erhalten für
(1) die Durchführung von Flugausbildung für die LAPL(A) oder PPL(A);
(2) die Durchführung von praktischen Prüfungen und Befähigungsüberprüfungen für diese Lizenzen;
(3) die Durchführung von Schulungen, Prüfungen und Befähigungsprüfungen für die mit dieser Lizenz verbundenen Berechtigungen oder Zeugnisse.“
Aus dem (übrigens nachträglich als Reparaturmaßnahme) eingefügten Satz (3), der eine ausdrückliche Erlaubnis enthält, leitet das LBA ein Verbot jeder anderen Tätigkeit gegen Vergütung ab. Ein PPL-Lehrer mag also nach FCL.905 das Recht haben, einen CPLer für eine Berechtigung zu schulen und zu prüfen, aber nicht gegen Vergütung. Basta!
Dementsprechend verschickte das LBA in den letzten Monaten reihenweise Ablehnungen an Flugschulen, die PPL-Lehrer für die Schulung von Klassen- oder Musterberechtigungen bei CPL-Inhabern einsetzen wollten.
Zugegeben, der Satz (3) ist missverständlich. Zunächst ist nicht klar, auf welche Lizenz sich „dieser“ bezieht. Man kann das plausibel so auslegen, wie das LBA es tut.
Man muss aber völlig die erwiesene und im NPA 2014-29 schriftlich dokumentierte Absicht des Gesetzgebers ignorieren, um zu dem Schluss zu kommen, dass Satz (3) nicht etwa eine weitere handwerkliche Ungenauigkeit im Teil-FCL beinhaltet, die bei einem eiligen Patch eben passiert ist, da man die Formulierung schlichtweg nicht umfassend genug gewählt hat, sondern dass die EASA wirklich beabsichtigte, PPL-Lehrer und Prüfer zwar auf CPLer und ATPLer loszulassen, aber nur ohne Bezahlung!
Wie plausibel ist das denn?
Gönnen wir es dem LBA – die EASA hat Mist gebaut. Eindeutig. Aber das LBA verhält sich hier wie der dauerbeleidigte Mitarbeiter in der IT-Abteilung, der – um seine Vorgesetzten mal richtig auflaufen zu lassen – ein leicht lösbares Problem nicht zügig behebt, sondern sich genüsslich zurücklehnt und die Produktion auf dem Rücken der User vor die Wand fahren lässt.
Jeder kennt und fürchtet solche Leute im Team. Und jeder weiß, was bei der nächsten passenden Gelegenheit mit solchen Leuten passiert.