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Engagierter Journalismus aus Sicht des eigenen Cockpits
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Tag 20: Tankstopp in Kalkutta - Vier Stunden Irrsinn pur
Einträge im Logbuch: 26
Tag 22: Entspannung in der Luxusoase
 
28. Oktober 2005 Jan Brill

Leserreise: Tag 21


Tag 21: Endlich! En-route richtung Muskat

Gestern berichteten wir über das geradezu unaussprechliche Handling-Drama in Indien. Heute gab es Kapitel zwei: "From bad to worse". Spät am Abend kamen die Maschinen auf dem Flughafen von Mumbai (Bombay) an der Indischen Westküste an. Die meisten Crews waren nun über 17 Stunden auf den Beinen, das Totalversagen von Indian Airlines beim Handling in Kalkutta hatte sehr viel Kraft und Nerven gekostet. Nur noch schnell auftanken und ab ins Hotel... aber Indian Airlines sollte unter Beweis stellen, dass man die vollumfängliche Nullnummer von Kalkutta noch toppen konnte...


Endlich - der lang ersehnte Abflug aus Mumbai
Auf eine Schilderung all der geradezu unfasslichen Details soll hier verzichtet werden. Nur soviel: Es brauchte drei Fueltrucks und zweieinhalb Stunden auf dem nächtlich heissen Vorfeld von Mumbay bis auch nur der erste Liter Sprit floss. Der Transport nur einiger Crewmitglieder zum Terminal nahm zwei Stunden in Anspruch. Man log uns offen an, um die Tatsache zu verschleiern, dass man für das Handling von neun Flugzeugen auf einer weit abgelegenen Vorfeldposition weder genug Fahrzeuge noch genug Leute hatte. Aber auch die Behörden sollten noch eins drauflegen. Beispiel: Bei der Bezahlung von vielleicht 35 Dollar Landegebühr mussten die Nummern aller verwendeter Geldscheine von Hand notiert werden! Dies nach 19 Stunden Arbeit und um 23.00 Uhr nachts. Der Irrsinn kennt hier keine Grenzen.

Der lügende Sabotage-Tankwart von Mumbai

So etwas gibt's doch eigentlich nur im Film. Eine Episode, die exemplarisch verdeutlicht warum man Indien meiden sollte. Nachdem wir rund zwei Stunden auf den Avgas-Truck gewartet hatten kam dieser endlich und befüllte - langsam und allmählich - die ersten zwei von vier noch fälligen Flugzeugen. Es ist 23.30 Uhr in der Nacht. Wir sind nun seit 19,5 Stunden auf den Beinen. Es gibt nichts zu trinken, es ist heiss, es ist Smog, es ist widerlich.
Nach dem zweiten Flugzeug sagt der Tankwagenfahrer der Vertreterin von Indian Oil er habe nun genug und wolle die anderen Maschinen vielleicht morgen befüllen. Unannehmbar für die Crews, würde dies doch wiederum zwei Stunden Wartezeit und eine unkalkulierbare Verzögerung für den nächsten Tag bedeuten. Außerdem hatten wir DREI STUNDEN auf den verfluchten Tankwagen gewartet! Auch die Chefin sieht dies irgendwie ein und erklärt dem Tankwart die beiden anderen Flugzeuge müssten noch befüllt werden. Heute.
Daraufhin behauptet dieser einfach der Tankwagen sei leer. Wir sind sprachlos. Kurzes Kopfrechnen: Mit 3.600 Litern kam der Wagen an - das hatte man uns lang und breit erklärt. Davon wurde eine Mooney M20 und eine PA30 befüllt. Macht vielleicht 700 Liter, aber höchstens! Also 3.600 minus 700 sind auch nach überschlägiger Rechnung deutlich mehr als null. Die spinnen doch!
Der Tankwart zieht zum Beweis den Peilstab heraus, auf dem man hier in der Dunkelheit natürlich nichts erkennen kann und sagt frech: "it is empty". Mir platzt der Kragen: Mit einer Taschenlampe setze ich auf den Tankwagen, leuchte hinein und sehe mehrere tausend Liter Avgas fröhlich darin herumschwappen. Wir wurden also - wie so oft in Indien - einfach platt und ins Gesicht angelogen. Die Chefin ist blamiert, der Tankwart grinst, sagt "okay" und geht ins Führerhaus, um dort den Motor des noch aus der Kolonialzeit stammenden Tankgefährtes abzuwürgen. Jetzt steht er grinsend vor uns und seiner Chefin und sagt: "it's broken". Ich habe so etwas noch nicht erlebt. Ich schwöre, dass ich so etwas noch nicht erlebt habe. Nur weil sich der Sabotage-Tankwart in die Büsche flüchtet kann Blutvergiessen vermieden werden. Jetzt ist alles möglich. All bets are off!


Auf dem Weg zum Flughafen von Mumbai
Es folgt ein stundenlanges Palaver, indem die hilflose Chefin immer wieder zusichert man werde heute noch tanken und sich dann zeternd an ihren meuternden Untergebenen wendet. Aber der Tankwart bleibt stur. Sonst kann anscheinend niemand das Urlaltgefährt bedienen. Es wird irgendetwas herumgestellt am Motor, ob der Wagen wirklich defekt ist kann nicht abschliessend geklärt werden, in jedem Fall aber dauert das Palaver, der Ärger und die Diskussion für alle Beteiligten länger als das Betanken der restlichen zwei Flugzeuge je in Anspruch genommen hätte. Irrsinn pur - aber die Flugzeuge bleiben bis zum nächsten Tag leer.

Die Verwandlung unserer Handling-Agenten

Das war wohl selbst für indische Verhältnisse deftig. Als wir am nächsten Vormittag nach der dringend benötigten Ruhe im Hotel zum Flugplatz kommen erleben wir eine Überraschung. Schon vor dem Terminal erwarten uns die Handling-Agenten. Im Stechschritt geht es durch das Terminal. Alle Dokumente sind vorbereitet, die Passkontrolle zur Ausreise dauert keine Minute. Es ist wie in einem Traum, aus dem man Angst hat aufzuwachen. 52 Minuten nach Ankunft per Bus sind wir an den Flugzeugen einen fertigen Flugplan, Briefingmappe und alle Dokumente und Stempel in Händen. Es ist unglaublich!
Natürlich wäre es zu schön wenn wir nun einfach hätten wegfliegen können. War auch nicht so: Mumbai schliesst nämlich jeden Freitag Nachmittag für eine Stunde die Hauptbahn, genau als wir los wollten. Aber eine Stunde Delay ist nichts im Vergleich zu dem was wir erlebt haben. Unsere Handling-Agenten bringen uns sogar Trinkwasser - ein bis dahin geradezu undenkbarer Luxus. Es geht also - sogar in Indien. Ich bin fassungslos.

Allerdings: Zwei Crews hatten sich nach der Erfahrung von Kalkutta entschlossen die Dienste von Indian Airlines nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Deren Flugzeuge stehen noch am Boden, die Besatzungen kämpfen "Mann gegen Mann" gegen die indische Bürokratie. Ich hoffe sehr auch diese beiden Besatzungen heute Abend in Muskat wiederzusehen...

Wir sind nun endlich in der Luft. In FL125 (IFR) brummen wir quer über den Indischen Ozean von Indien auf die Arabische Halbinsel. VHF- Kontakt ist lange verloren gegangen, wir sind über 100 NM von der Küste entfernt und nähern uns DOGET Intersection. Links und rechts brummen die beiden Triebwerke. Es ist ruhig im Cockpit, das Wetter gut, leichter Rückenwind. Wir haben Indien hinter uns gelassen. Endlich. Nun erwartet uns das Al-Bustan in Muskat, eines der absoluten Top-Hotels der Welt mit eigenem Strand und allen Annehmlichkeiten im Luxus aus tausendundeiner Nacht. Dort werden wir zwei Nächte bleiben - zur Erholung nach der Indien-Erfahrung. Das haben wir uns verdient.


  
 
 





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