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Tag 16 - Long Range nach Siem Reap
 
21. Oktober 2005 Jan Brill

Leserreise: Tag 14


Tag 14 - Entscheidung am Sonne-Mond See

Der Sonne-Mond See: Ein malerischer Stausee in den Bergen von Zentraltaiwan. Prächtige Tempel und einige Ressorthotels gruppieren sich um das Gewässer. Das Klima ist angenehm, sonnig, bei 25 bis 28 Grad Celsius. Es geht ein leichter Wind. In unseren Hotelzimmern werden wir durch lieblich zum Wort "Welcome" arrangierte Rosenblätter begrüßt. Es spielt die unvermeidliche Hotel-Fahrstuhl-Madley-Musik. Alles ist friedlich, beschaulich, angenehm (nunja bis auf die Fahrstuhlmusik). Und dennoch tobt unter dieser Fassade konfuzianistischer Ruhe und Gelassenheit ein grausamer Kampf. Ein Kampf auf Leben und Tod. Es ist der Kampf einer kleinen Gruppe deutscher Reisender mit der Reiseleiterin: "Minna", so der Name unserer ja eigentlich fürsorglichen Betreuerin, hat eine sehr genaue Vorstellung von unserem Aufenthalt hier...


China pur am Sonne-Mond See
Bitte nicht missverstehen. Madame "Minna" gibt sich größte Mühe. Am liebsten würde sie uns ganz Taiwan zeigen, und Kontinentalchina noch dazu. Dass dies aber in drei Tagen kaum geht, das ist der Kern des ganzen Problems. Schon gestern haben wir gesehen: Der Hunger nach Sehenswürdigkeiten ist auf der "Angebotsseite" sehr viel größer als bei uns. Dabei hat sie es auch nicht eben leicht. Eine Gruppe von äußerst selbständigen Piloten, sämtlich international sehr erfahren, kann man nicht im Staccato durch das Land führen. Das aber hatten wir klar gemacht.
So sorgt schon der Umstand für helle Panik, dass am Vortag in Taipei sich jemand einfach entscheidet länger zu bleiben und mit dem Taxi heimzufahren. Wie soll das gehen? Minna ist fassungslos.
Zwei Leute kommen nicht mit an den Mondsee, weil sie eigene Pläne haben. Für Minna bricht eine Welt zusammen, es folgen endlose Diskussionen.

Das größte Problem aber ist die Verständigung. Deutsch ist nur in Spurenelementen vorhanden, Englisch gar nicht. Aber auch unser Mandarin ist überschaubar. So berichtet Minna über Stunden von den Sehenswürdigkeiten des Landes in einer Sprache, die sich deutscher oder englischer Hauptworte und Verben bedient, sonst aber nur geringe Ähnlichkeit mit einer uns bekannten Sprachfrorm hat. In anderen Worten: es ist einfach nur quälend zuzuhören.


Gemütlicher Abend am See
Dies führt natürlich zu weiteren Auflösungserscheinungen in der Gruppe: Als selbständige Piloten machen wir dann eben unser eigenes Programm, was wiederum zu um so verzweifelteren (und wortreicheren!) Bemühungen unserer Minna führt.

Am gestrigen Abend im Hotel Mondsee dann schliesslich die Machtprobe. Wir kommen um sechs Uhr an und es heisst um 19.00 Uhr gäbe es essen. Dies nach einem anstrengenden Tag in einem alten Bus auf holprigen Strassen. Dazu lädt der Sonne-Mond See ein am malerischen Ufer einen guten Rotwein zu trinken und das Leben zu geniessen. An ein gruppenmässiges Abendessen ist jetzt nicht zu denken. Aber Minna bleibt hart: Um 1900 Uhr Abendessen, "das sei hier eben so". Schliesslich handeln wir unter Gewaltandrohung immerhin 19.15 Uhr aus.

Die Revolte wird zur Revolution


Bambuswälder und Chinaklischee
Das Abendessen selber ist dann eher überschaubar. Lieblos auf den Tisch geworfene Kaltspeisen - Getränke gibt es nur widerwillig - Extrawünsche gar nicht. Wir sind für einen kurzen Moment im Neckermannturismus angekommen. Und ausgerechnet jetzt ist die beredte Minna nicht zur stelle um sprachlich bei den Verhandlungen zu helfen und zu klären, ob man vielleicht statt des obligatorischen "Bier" lieber doch einen Rotwein bestellen dürfte - "bitte". Als dann nur noch 6 Stücke Kuchen zum Nachtisch da sind bricht der offene Aufstand los...

Aber Pilot und Flugzeug Crews geben nicht so leicht auf. Der See hier in den Bergen - mit Tempeln und klarem grünen Wasser - ist einfach zu schön. Kurzerhand wird die Revolte zur Revolution. Wir teilen Minna mit, ihr Programm für den Folgetag habe sich gerade "maßgeblich geändert". Keine Gruppenvorträge und keine Pflichtessen mehr. Keine Museumsshops! Wir chartern kurzerhand ein Boot und erkunden am heutigen Morgen den See. Die staubigen Strassen und der umgefederte Bus können Warten. Es wird nicht nur ein wunderschöner Vormittag in malerischer chinesischer Landschaft -- auch ein gewisser Triumph über "Minna-Rule" ist zu spüren.

Erst langsam wird uns klar: Anscheinend ist für jedes Restaurant und jeden Shop, in den sie uns schleppt, eine Provision drin. Deshalb also der Gruppenzwang und die Rennbesichtigungen. Wir gestalten den Tag also nach eigener Fasson - wie auch sonst auf Leserreisen: ob Mandarin, Farsi, Lao oder Hacka-Dialekt - irgendwie kommen wir schon durch.


War sehr streng mit uns - unsere Minna
Das Minna-Erlebnis bestärkt uns darin wo immer möglich auf lokale Kontakte und Erkundung in Eigenregie zu setzen: Eva in Teheran war so klasse, dass wir uns gar nicht mehr von ihr trennen wollten. Auch in Kathmandu trafen wir einen guten Mittelweg.
Minna und eine Pilotengruppe allerdings passen nicht zusammen - wir haben unsere Lektion in sachen Pauschaltourismus erhalten, es waren nur 36 Stunden, aber wir wissen nun wieso wir auf Leserreisen ansonsten individuell und selbständig unterwegs sind...


  
 
 





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