29. Mai 2005 Jan Brill
Behörden: EGELSBACH
Eine Landesluftfahrtbehörde geht baden
Eine Behörde blamiert sich auf die Knochen, ein Pilot wehrt erfolgreich einen Bußgeldbescheid ab. Das ist die gute Nachricht. Ein Behördenmitarbeiter der dem Pressevertreter droht, lückenhafte und auf fragwürdigem Weg erstellte Tonbandaufzeichnungen der Info-Funkstelle Egelsbach und eine abgrundtief schlampig arbeitende Landesluftfahrtbehörde, die sich eines Gutachters bedient, der gar keiner ist. Das ist die schlechte Nachricht. Eine wahre Geschichte aus der Bananenrepublik Deutschland...
Baden gegangen: Das Regierungspräsidium Darmstadt | Die Geschichte geht auf das Jahr 2002 zurück. Die PA46 eines Frankfurter Geschäftsmannes muss in Egelsbach im Anflug auf die 27 durchstarten. Bei dem Manöver wird angeblich die Ortschaft Egelsbach überflogen. Auf Betreiben des Flugplatzes (!) wird gegen den Piloten ein Bußgeldbescheid erlassen. Als Beweismittel dient eine nach Ansicht dieser Redaktion ohne Rechtsgrundlage erstellte Tonbandaufzeichnung und ein Radarplot der DFS. Es soll schnell abgeurteilt werden, Flugplatz-GmbH, der selbsternannte DFS-Gutachter und der RP-Darmstadt arbeiten Hand in Hand. Pilot und Flugzeug berichtete damals über das System Ekelsbach.
Aber der Pilot wehrt sich. Er hinterfragt die Beweismittel und setzt durch, dass der Gutachter, der den offiziellen Schriftverkehr mit selbsternannten Fantasietiteln unterschreibt, wegen Befangenheit abgelehnt wird. Am 25. Mai nun kam es vor dem Amtsgericht Darmstadt zum zweiten und letzten Verhandlungstag in der Sache. Und dieser war nicht ohne Würze. Gründlich und mit durchaus Sachkenntnis versehen arbeitete der vorsitzende Richter die Vorgeschichte des schicksalhaften Durchstartmanövers auf: Unklare Verfahrenssprechgruppen der Infostelle bringen den Piloten in eine prekäre Lage. Ein an Lächerlichkeit kaum noch zu überbietender Tonbandmitschnitt, der nach Aussage sämtlicher Zeugen entscheidende Lücken aufweist, wird dem Gericht präsentiert. Die anwesenden Behördenvertreter können weder Herkunft noch Authentizität des Bandes aufklären.
Ein wirklich unabhängiger Gutachter fasst am Ende das Geschehen zusammen: Ein alltäglicher Vorgang in der Fliegerei, bei dem der Pilot unter hoher Arbeitsbelastung einen Teil der veröffentlichten Platzrunde um rund 800m verfehlte. Ein Vorgang, so alltäglich und so banal, dass der vorsitzende Richter am Ende keine fünf Minuten braucht dem Einspruch gegen den Bußgeldbescheid statt zu geben. Einen schuldhaften Verstoß gegen die am Flugplatz Egelsbach geltenden Platzverfahren konnte das Gericht nicht erkennen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Aus, Ende, vorbei - schönes Wochenende.
Erschreckende Begleitumstände
Erschreckender noch als die Sache selbst sind die Begleitumstände des Prozesses. Nicht nur, dass ein Behördenvertreter offenbar mit der Anwesenheit der Fachpresse in einer immerhin öffentlichen Verhandlung hadert und dem Vertreter dieses Magazins mit großem Ärger droht. Auch ein Mitarbeiter der DFS in Frankfurt, jener mit Fantasietiteln geschmückte Sachbearbeiter, der selbst nach seiner Ablehnung durch das Gericht trotzig und zur Verwunderung der Prozessbeteiligten wie gewohnt bei den Gutachtern Platz nimmt, macht sich und sein Unternehmen lächerlich.
Hinzu kommt, dass der schlussendlich gerichtlich bestellte und höchst kompetente Gutachter die Verfahren und die Praxis am Flugplatz Egelsbach als dass bezeichnet was sie nach den vorliegenden Fakten aus dem Jahr 2002 waren: Unzweckmäßig und unprofessionell! Eine Ohrfeige für die Behörde, die weit über den eigentlichen Bußgeldbescheid hinaus nachhallen wird.
Schließlich ist da die höchst unrühmliche Rolle, die der Flugplatz Egelsbach in der ganzen Sache spielt. Während das sei fairer Weise gesagt der Flugplatz uns gegenüber seit Anfang 2004 durchweg durch ausgesprochen freundliche und hilfsbereite Mitarbeiter auffällt, zeigen mehrere Aktenvermerke im vorliegenden Fall eindeutig, dass man im Jahre 2002 die Behörde geradezu drängte gegen den betroffenen Piloten vorzugehen. Was die handelnden Personen der Betreibergesellschaft hier geritten hat auf solche Weise gegen einen Kunden vorzugehen, ist eine weitere offene Frage...
Lesen Sie unsere ausführliche Reportage zu diesem Fall mit Namen, Zahlen und Fakten in der Juliausgabe von Pilot und Flugzeug ab 26. Juni 2005.
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