Wie ichs nach der Auslegung der Spezialisten interpretiere, sind also Transponder Käse.
Exakt. Reine Transponder brauchen zwingend eine Bodenstation, die die Position des Flugzeugs über eine Laufzeitmessung ermittelt. Außer, Du hast einen eigenen Interrogator an Bord, nutzt der Transponder nur dann, wenn er aktiv von einer Bodenstation abgefragt wird und Du das Signal vom anderen Transponder auch auswerten kannst, quasi "mitnutzer" der Abfrage wirst. Es ist denkbar die Richtung und Entfernung zu ermitteln, aber das ist nicht gerade trivial und letztlich wird die Qualität auch vom Einbau abhängen. Andernfalls wäre es noch denkbar, daß eine Bodenstation die Position des Ziels mitteilt. In jedem Fall muß der Transponder aber von jemand anderem abgefragt werden, damit kleine Systeme das Signal nutzen können. Das ist nicht immer der Fall. Auch Mode-S hilft hier alleine nicht weiter, da lediglich eine Kennung zusätzlich ausgestrahlt wird.
Eleganter ist es da, wenn das Luftfahrzeug aktiv seine Position und Bewegungsrichtung und gegebenenfalls Informationen über sein Bewegungsprofil (Schulmaschine, Absetzflugzeug, Kunstflugzeug, Hubschrauber / SAR, Segelflugzeug, IFR, etc.) aussendet. Das macht Dich unabhängig von der Qualität eigener Triangulations- und Laufzeitmessungsalgorithmen und man kann die Rechenleistung darauf verwenden mit Bewegungsprofil und Bewegungsdaten eine mögliche Kollision vorherzusagen. Das Empfangen von den Bewegungs- und Positionsdaten ist in jedem Fall ein deutlich robusterer Vorgang und, sofern die Empfangsqualität sichergestellt werden kann, von weiteren Störeinflüssen weitestgehend unabhängig. Der Nachteil ist halt, daß jedes Flugzeug mit einer Sendeeinheit und einem GPS ausgerüstet werden muß. (Theoretisch geht auch DME-DME oder VOR-DME oder andere Positionsbestimmungen, im Rahmen der hier diskutierten Luftfahrt ist allerdings wohl das GPS dominierend).
Diese Systeme gibt es hauptsächlich in zwei Geschmacksrichtungen: ADS-B/TIS-B/FIS-B und FLARM. Die Daten für ADS-B werden bei uns in der Regel direkt über den Transponder ausgesandt, im sogenannten Mode-S extended squitter. Es gibt noch andere Übertragungsmöglichkeiten, aber das ist hier nciht so relevant. Über einen entsprechenden Empfänger (der separat einzubauen ist, und den es auch portabel gibt) werden dann die Daten der in Reichweite befindlichen Flugzeuge aufgesammelt und auf einem der zahlreich erhältlichen Bildschirme dargestellt (in GPS, auf Moving Maps oder auf eigenen Bildschirmen). FLARM hat diese Idee im kleinen umgesetzt, allerdings mit einem eigenen Übertragungsprotokoll auf einer offen nutzbaren Frequenz. Als einfachstes Gerät zeigt FLARM den nächsten kritischen Kontakt mit ein paar LEDs an. Das reicht, um die Aufmerksamkeit der eigenen Luftraumbeobachtung in die richtige Richtung zu lenken. Andere Systeme können die Daten auch für allerlei Bildschirmsysteme aufbereiten, und es gibt Kombinationen, die sowohl ADS-B, als auch FLARMdaten empfangen können. Dadurch, daß die Geräte nicht Luftfahrtzugelassen sind, gibt es schier endlose Gestanltungsmöglichkeiten und kleine Displays in allen Formen und Farben.
Nun haben sich die Entwickler natürlich auch über Akzeptanz und Verbreitung Gedanken gemacht und in das FLARM direkt einen Flugdatenrekorder eingebaut, welcher von der IGC zugelassen wurde zur Dokumentation sportlicher Leistungen. Im Laufe der Zeit wurden - auch mit der Integration in PDAs oder Tablets oder der Anzeige auf eigenen Displays - die Funktionen erweitert. Über FLARMnet können Segelflieger ihre Kennung eingeben und sehen, wer mit ihnen im Bart kreist, man wird vor Hindernissen gewarnt (was bei Seilbahnen oder Antennen in der Alpinen Fliegerei wohl nicht ganz unwichtig ist)oder man kann sehen, wo andere Segelflieger einen neuen Bart ausgegraben haben.
Und nun der Punkt, warum ich auf Forderungen für Transponderpflichten so algerisch reagiere: FLARM hat im Segelflug längst die kritische Masse überschritten, ab der das System nützlich ist, dagegen ist die Kollisionswarnung im Motorflug vorsintflutlich aufgestellt. In alpinen Regionen ist das System schon ein Quasi-Standard, es gibt Flugplätze, da wird man nicht geschleppt, wenn man kein FLARM hat. Und es funktioniert auch noch in Tälern, in denen längst kein Radar mehr einen Transponder abfragt. Wir haben also eine extrem gute Durchdringung des Marktes, insbesondere bei Segelflugzeugen, die sich nicht im Dunstkreis von (Segel-)Flugplätzen bewegen. Und davon werden zunehmend Geräte auch mit Kombilösungen verbaut, um auch ADS-B zu empfangen. Um also die Segelflugzeuge für den Motorflieger sichtbar zu machen (und sich gleichzeitig für die Segelflugzeuge), kann er sich für deutlich unter 1000 Euro ein FLARM kaufen. In D sind es bereits über 9000 Stück, insgesamt über 22000 (Laut FLARM.de).
Der Einbau eines Transponders bietet dem Segelflug alleine dagegen keinen Informationsgewinn. Will man nun ADS-B senden, ist neben dem Einbau des Transponders (und der zusätzlichen Stromversorgung) noch mindestens ein GPS notwendig. Für den Ersatz der Funktionalität von FLARM benötigt man zudem einen Flugdatenrekorder und ein ADS-B-Empfangsgerät, sowie eine Anzeige. Und damit hat man dann auch nur einen Teil der Funktionalität hergestellt.
Zu Fordern, Segelflieger mögen Transponder einbauen (was bei einigen Flugzeugen ein Major Change ist), bedeutet irrsinnige Kosten auf diejenigen abzuwälzen, die bereits ein gut funktionierendes System auf freiwilliger Basis eingerichtet haben. Natürlich ist es nicht befriedigend, daß sich zwei Systeme parallel entwickeln, wobei die Integration des FLARMprotokolls in ADS-B-Lösungen kein kostenaufwändiger oder unnötig komplexer Schritt mehr ist.
Bisher hatten wir immer ein klein wenig besseres Gefühl, der eingeschaltete Transponder hülfe etwas zur Lebensverlängerung, damit wir für andere sichtbar sind.
Der Andere muß aber auch in der Lage sein, die Signale auszuwerten. Das Gefühl trügt, insbesondere an gut beflogenen Tagen auf vollen FIS-Frequenzen. Da einen Kommentar über Verkehr zu geben ist manchmal für die FIS-Spezialisten einfach nicht möglich. Tragischerweise sind das die Tage, an denen man die meisten Informationen bekommen könnte, also wo am meisten los ist. Bei näherer Betrachtung trügt also der Schein, der Transponder erhöht die Sicherheit nur unwesentlich, vergleicht man ihn mit Systemen wie ADS-B/TIS-B und FLARM.
Was den Segelflug angeht, kommt man schon sehr Weit damit, sich für die Bewegungsformen zu interessieren. Bedingt durch ihren "Antrieb", unterliegen Segelflugzeuge gewissen zwängen in der Flugführung. Wenn man diese in Grundzügen versteht, kann man schon sehr gut antizipieren, wo man auf mehr Segelflugzeuge treffen wird, und wo eher weniger. Beispielsweise könnte man sich die Flüge auf www.skylines.aero oder www.onlinecontest.de anschauen. Oder noch besser: Man verbringt mal ein Wochenende bei den Segelfliegern und macht einen Schnupperkurs mit. Das motorlose Fliegen bringt einem auch für die Spritkutscherei eine ganze Menge. Man lernt viel über Ruderkoordination und Energiemanagement. Und es kann einfach unbeschreiblich schön sein.
Na ja, analog zur Argumentation der Segler: Wenn uns dereinst ein Eurofighter aus Versehen vom Himmel holt, ohne Fallschirm, wird auf dem Grabstein stehen: "Er hatte keinen Transponder, aber er kam von rechts und hatte Vorflugrecht".
Wäre das tatsächlich die Argumentation von Segelfliegern, wäre FLARM wohl kaum entwickelt worden, und hätte kaum die Anzahl an Nutzern, die es bisher vorzuweisen hat.
Desweiteren spreche ich nicht für "die Segelflieger", wenngleich ich ihre Interessen kenne und hier verteidige. Ich spreche nur für mich.