Gerald, ich weiß nicht, wie alt Chris B.K bei der Ausbildung war, aber ich denke, er war damals schon ähnlich verbissen wie jetzt. Und hat vermutlich auch falschen Ehrgeiz beim Fliegenlernen entwickelt (hatte ich auch damals), was zu überhöhten Selbstanforderungen führen kann. Ich wollte z.B. mit aller Gewalt mich "freifliegen", mit dem Resultat, das es dann doch ca 17 Stunden dauerte und ich immer wieder in der Ausbildung böse Rückschläge erlitt und sogar die Ausbildung nach bestandener Theroieprüfung abbrechen wollte, weil ich der Meinug war, ich werde es nicht mehr lernen.
Verbissen? Das trifft es wohl!
Bei mir war es aber nicht der Ehrgeiz mich schnell "freizufliegen". Meine Sozialisation lief dann doch etwas anders. Mit Anfang 20 bin ich mit der Gleitschirmfliegerei angefangen, bis es da mit Mitte 30 zu einem Startunfall kam. Der Unfall passierte am Übungshang, an dem ich eigentlich nur noch mal den Schirm testen wollte, der gerade von der Nachprüfung beim Hersteller zurückgekommen war, um wenige Tage später mit dem Schirm als Sportgepäck im Airliner in den Urlaub zu fliegen.
Ergebnis war, daß ich am darauffolgenden Tag im Krankenhaus aufgewacht bin. Da habe ich mir dann die Frage gestellt: Entweder du gibst die Fliegerei ganz auf oder du wechselst zumindest das Fluggerät, jetzt etwas mit fester Tragfläche, die in bodennahen Turbulenzen nicht mehr zusammenklappen kann, und mit Motor."
Es ist dann "etwas mit fester Tragfläche und Motor" geworden und ich hatte dort schon den Ansporn so gut zu werden, daß sich so ein Unfall nicht wiederholt. Denn merke, laut Bruno Gantenbrink ist der durchschnittliche Pilot mit 10% selber dabei aufgrund des Sports frühzeitig ins Gras zu beißen.
--> https://www.afg.ethz.ch/wp-content/uploads/documents/saferflying/Sicherheit_beim_Fliegen.pdf
Noch bevor ich meine erste praktische Flugstunde hatte, war ich bei einem Forentreffen ganz bei mir in der Nähe. Es war so nah dran, daß es sich auch heute noch nicht lohnt dorthin zu fliegen. Außerdem war ich damals froh, daß der Arzt mir gerade in der Woche das Autofahren wieder erlaubt hatte.
Bei dem Treffen ist beim Abflug dann ein Pilot verunfallt, den ich eine Stunde zuvor noch gesprochen hatte. Der Aufschlag war nicht einmal laut. RIP Andreas. :'-(
--> https://www.westfalen-blatt.de/OWL/Kreis-Hoexter/Hoexter/2088143-36-jaehriger-Pilot-aus-Freystadt-verunglueckt-toedlich-in-Hoexter-Ultraleichtflieger-stuerzt-ab
Er ist abgestürzt, weil beim Startlauf die Kabinentür aufgesprungen ist und er direkt nach dem Abheben versucht hat diese wieder zu schließen, dabei dann zu langsam wurde und gestallt ist. Soviel zum Thema: "Fly the bloody fucking airplane at first what ever may happen!" Der Vogel fliegt auch mit offenen Türen.
Die Grabplatte, die den damaligen Aufschlagpunkt kennzeichnet, findet man heute noch im Gras auf dem Flugplatz Höxter (EDVI) neben der Asphaltpiste, bündig in die Grasnarbe eingelassen.
Auf diesem Hintergrund entwickelte sich bei mir dann die Einstellung, daß eine durchschnittliche Flugzeugbeherrschung nicht ausreicht, um das Fliegerleben auch zu überleben. "Du mußt besser sein als der Durchschnitt, viel besser, um die Statistik zu schlagen! Entsprechend gilt es hart zu trainieren, also bei jeder Übung ist der worst-case angesagt. Und wenn man dann 100 Durchläufe braucht, bis man die Übung kann, ist das auch egal. Dann mach besser gleich 150 Durchläufe, auf das es auch wirklich so richtig sitzt. Schweiß beim Training spart Blut im Ernstfall und im Ernstfall hat man nur eine Chance und die muß man nutzen. Da gilt es nicht wie in der Flugprüfung von drei Ziellandeübungen nur zwei ins Ziel zu bringen, da gilt es auch noch nach 3 Stunden Flug die Ziellandung zuverlässig ins Ziel zu bringen und nicht bloß mit 66% Wahrscheinlichkeit."
Entsprechend habe ich mich auch lange dagegen gesträubt Passagiere mitzunehmen. Von der Gewichtsproblematik im UL mal ganz abgesehen war mein Gedanke da immer nur: "Der vertraut dir blind, daß du ihn wieder heile runterbringst. Dafür bist du nicht gut genug. Reiß, wenn es doch schiefgehen sollte, nicht noch jemanden mit rein."
Ich hoffe, daß es nachvollziehbar geworden ist, wo meine Verbissenheit in manchen Dingen herrührt?