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27. April 2006: Von Stefan Jaudas an Michael Hermann
Hallo,

nach meinem bischen Statistikwissen heißt das doch automatisch, daß dann die Leute außerhalb von 2 Sigma (ca. 30%?) automatisch rechtswidrig fliegen?

Und warum 2 Sigma, und nicht 3, 4, 5 oder 6 Sigma?

Und das würde auch heißen, daß die zulässigen Abweichungen für jede Route anders sind. Manche Routen werden eher professionell beflogen (enge Grenzen), andere eher von den Freizeitfliegern (weitere Grenzen). Das eröffnet dem Amtsschimmel natürlich völlig neue Möglichkeiten ... vieleicht gibts ab 2007 dann neue Einträge in den En-Route-Karten ... um Angaben zur zulässigen Abweichungen ergänzt ... *LOL* ... verkorkst und abgefüllt bei Pallhuber und Söhne ...

Gruß

Stefan
28. April 2006: Von Michael Hermann an Stefan Jaudas
Hallo Stefan,

> Und warum 2 Sigma, und nicht 3, 4, 5 oder 6 Sigma?

Ja, warum? Reine Willkür wie bei allen menschlichen Vereinbarungen. Siehe

> Eine Frage, die natürlich nur willkürlich zu beantworten ist,
> ist, welche Quote man für akzeptabel hält. 70%? 80%, 90%?

Warum gilt für eine Prüfung zum PPL-A-VFR ein Höhentoleranzband von 100ft und nicht 50ft oder 200ft? Reine Willkür. Such' Dir eine beliebige Vorschrift für irgendwas: es ist reine Willkür.
Das gilt für die mechanische Konstruktion der Toleranz ebenso.

> Und das würde auch heißen, daß die zulässigen Abweichungen
> für jede Route anders sind. Manche Routen werden eher
> professionell beflogen (enge Grenzen), andere eher von den
> Freizeitfliegern (weitere Grenzen).

Völlig richtige Erkenntnis. Wenn in EDDM von 1000 Flugbewegungen 999 "professionell" sind und 1 "freizeitmässig", dann sind die Anforderungen tendenziell höher als in EDMY daneben, wo von 1000 Flugbewegungen 1 "professionell" ist und 999 "freizeitmässig".

Eine Festlegung des Toleranzgebietes durch statistische Auswertung würde für jeden Platz die unterschiedlichen Gegebenheiten berücksichtigen. Ich z.B. (persönliche Meinung) halte eine Grenzziehung bei ca. 97% für sinnvoll. Das ist wiederum reine Willkür und muss mit anderen Meinungen gemittelt werden, bevor es gesamtgesellschaftlich wirksam werden kann.

mch
28. April 2006: Von Stefan Jaudas an Michael Hermann
Hallo,

Zitat:
Eine Festlegung des Toleranzgebietes durch statistische Auswertung würde für jeden Platz die unterschiedlichen Gegebenheiten berücksichtigen. Ich z.B. (persönliche Meinung) halte eine Grenzziehung bei ca. 97% für sinnvoll. Das ist wiederum reine Willkür und muss mit anderen Meinungen gemittelt werden, bevor es gesamtgesellschaftlich wirksam werden kann.
Zitat Ende

Entschuldigung, das ist aber grundsätzlich der falsche Denkansatz. Man darf nicht Grenzen legen, die zwangsläufig einen gewissen Prozentsatz der Betroffenen quasi "kriminalisiert".

Das wäre so, wie wenn man sagen würde, das Tempolimit auf der Landstraße beträgt 100 km/h (Idealwert). Bestraft wird aber nach der Geschwindigkeit, die von allen Verkehrsteilnehmern tatsächlich gefahren wird, jeweils die oberen 3%. Auf gut ausgebauten Straßen kann man und es wird schnell gefahren, also liegt die Strafgrenze z.B. bei 140km/h (3% aller Benutzer fahren schneller als 140, der Durchschnitt liegt bei 105). Bei einem kurvigen Fiktionalssträßchen mit viel landwirtschaftlichem Verkehr liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit z.B. bei 65 km/h, die 97%-Grenze liegt bei 80 km/h, also wird jeder gestraft, der schneller als 80 fährt? Zur Erinnerung, das Gesetz erlaubt 100 ... wer einmal Solschenizin gelesen hat, der erkennt das Muster ...

Bei sowas kann ein Rechtsstaat nur feste Grenzen legen. Z.B. maximal 5 Meilen Abweichung und/oder 5 Grad.

Aber auch das wäre immer noch ein Denkfehler ... Wollen wir, daß jeder immer und überall auf den Meter genau navigiert? Anno 1997 haben das eine TU-154 und eine C-141 vor der Afrikanischen Küste vorgemacht ... auf die Spitze getrieben hätten die Piloten dann die Wahl: Strafbare Kursabweichung wegen Ausweichen, oder Zusammenstoß dank überkorrekter Navigation? Man muß auch mal links überholen, weil man rechts zu weit von der Ideallinie weg wäre?

Ich denke, Sie erkennen die Absurdität.

Gruß
###-MYBR-###Stefan

P.S.: Wo im LuftVG ist denn der Begriff "Flugerwartungsgebiet" definiert? Zu welchem Zweck und mit welchen Konditionen und Sanktionen?
28. April 2006: Von Michael Hermann an Stefan Jaudas
Hallo Stefan,

sie hätten recht, wenn ein Verfahren jemanden zwangsweise kriminalisieren würde, d.h. also, ohne dass er jemand was dagegen tun kann.
So ist das aber nicht. Eine über die Statistik festgelegte Grenze sagt nur, dass der *Erwartungswert* (z.B. für die Überschreitung) bei 3% liegt.
Wer das ist, ist unbekannt. Wer korrekt bzw. innerhalb der Toleranz navigiert, ist nicht betroffen.
Stellen Sie sich vor, durch einen Zufall wären die "mechanisch" errechnete Toleranz identisch zu einer 3%-Toleranz.
In einem Fall würden Sie dann sagen, 3% werden zwangsweise kriminalisiert, im anderen Fall nicht - obwohl die Anzahl der ausserhalb der Toleranz fliegenden Piloten identisch ist. Absurd?

Genauer gesprochen: Wie, glauben Sie, werden die "mechanischen" Grenzen festgelegt?

Ich nehme an, Sie meinen Solschenizyn. Von dem habe ich vor Jahrzehnten mal Archipel Gulag gelesen, aber ich gebe zu, ich kann im Moment den Bezug nicht herstellen. Liegt an meiner Vergesslichkeit. Worauf spielen Sie an? Auf Willkürgesetze der Stalin-Ära? Sozusagen man ist immer schuldig, egal, was man macht?

Mich würde auch interessieren, wo denn nun der Begriff 2-Sigma in dem Fall herkommt und was er bedeutet. Den hat laut Artikel das LBA benutzt, aber nirgends steht bisher, wie er definiert ist.

Was Notfälle betrifft so ist ohnehin klar, dass jeder Pilot letzten Endes selber entscheidet, was er tut. Die Verfahren sind Normalverfahren.

Wenn ich meine Frau mit Herzinfarkt ins Krankenhaus fahre, dann scheisse ich (mit Verlaub) auf die 100km/h auf der Landstrasse, sofern sich dabei nicht eine grössere Gefährdung anderer ergibt.
Wenn mich nun eine Streife mit 150 blitzt und es zu einer Verhandlung käme, dann habe ich sehr gute Chancen, dass mein Verstoss keine Konsequenzen hat.

M. Hermann
28. April 2006: Von  an Stefan Jaudas
Hallo Stefan,

nicht im LuftVG sondern hier:
Zitat:
"Jedes Flugverfahren unterliegt navigatorischen
Toleranzen, die von der ICAO (International Civil Aviation Organisation) im Dokument 8168 festgelegt sind. Dieses Dokument beinhaltet die Procedures for "Air Navigation Services – Aircraft Operations, kurz PANS OPS" genannt"
Zitat Ende

Wie ein FEG-Konstrukt gebastelt wird bzw. aussieht findest Du hier (pdf):
Hier klicken!

Bekanntermaßen sind die ICAO-Richtlinien von der Bundesrepublik anerkannt und grundsätzlich übernommen worden!
28. April 2006: Von Michael Hermann an 
Thomas,

nach dreimaligem Lesen des Berichts habe ich jetzt wohl den Ursprung dieses Sigma raus (hat bei mir lange gedauert).

Die spezielle Route heisst KIRDI2S und vermutlich meint das LBA nun "KIRDI-2-Sigma".
Also ist das "2-Sigma-Flugerwartungsgebiet" identisch mit dem "Flugerwartungsgebiet der Route KIRDI2S".
Hat nichts mit Statistik zu tun - mea culpa.

Wie und warum ein S zu Sigma statt, wenn schon eine neue Abkürzung her muss, Sierra wird: keine Ahnung.

Aber damit fühle ich mich jetzt wohl und verstehe SOWOHL das LBA-Schreiben ALS AUCH die mechanistische Konstruktion des FEG.

Deswegen läuft auch google komplett in die Leere ...

M. Hermann
28. April 2006: Von Stefan Jaudas an 
Hi,

damit wäre ja das Thema "Statistik" von Tisch. Wie gesagt, feste Grenzen sind OK. Drin oder nicht drin. Grenzen, bei denen automatisch ein Teil nicht drin wären, die wären Kappes.

Trotzdem, man wird anscheinend schon zum "Täter", wenn man von irgendeiner Ideallinie abweicht. Nur wird man gnadenhalber erst ab einer gewissen Schwere des Vergehens verfolgt. Das ist aber nett. Und interessant. Walk the line, and you'll be fine. Das ist Gedankengut, das ich lieber nicht ins Politische übersetze ...

Eine "Linie" ist eine eindimensionale geometrische Figur. Bereits bei ihrer Darstellung wird es aber zweidimensional (und damit ordnungswidrig). Weil der Strich in der Karte zwecks Sichtbarkeit zwangsläufig eine Breite hat, welche eine Linie nicht hat. Und schon ist es vorbei mit der Ideallinie ... *LOL*

Wenn ich das nächste Mal in eine CTR will, und ich melde mich "5 Minuten nörlich November 1", und es sind tatsächlich 5,5 Minuten, oder Nordnordwest, muß ich dann auch 250 Steine abdrücken?

Und wenn ich mir den Tenor des Schreibens ansehe, da wird anscheinend auf dem Lärmschutz herumgeritten. Ganz nebenbei wird etwas von Fliegen ohne FVK- Freigabe erwähnt. Das scheint aber bei weitem nicht so wichtig zu sein wie der Lärmschutz. Kann mir armem VFR- Piloten das mal jemand erklären?

Gruß
###-MYBR-###Stefan

P.S.:
Die 33.te VO zur 114.ten DVO? Mist, jetzt musste ich in den Papierkorb kotzen, aufs Klo hats nicht mehr gereicht ...
28. April 2006: Von Michael Hermann an Stefan Jaudas
Stefan,

ich denke, jetzt habe ich "unser" Missverständnis auch herausgefunden. Du meintest vermutlich, ein statistisches Verfahren würde *nachträglich* die Grenzen so festlegen, dass immer welche rausfliegen (Wortspiel :)).
Ist aber nicht so, dürfte jetzt klar sein. Die Grenzen sind fest und sie sind vorab bekannt.

Die "Gnade" habe ich so auch nicht verstanden, das hat das LBA bzw. diese Sachbearbeiterin m.E. ziemlich ungeschickt ausgedrückt. Das Toleranzgebiet ist keine Gnade, das ist halt so definiert. Da kann sich das LBA auf den Kopf stellen und mit den Füssen wackeln.

M. Hermann
21. Juni 2006: Von Helge Zembold an Michael Hermann
Hallo,

kurz mal ein Nachtrag zum Thema "Sigma2" oder besser: "Standardabweichung Sigma". Sigma kommt aus dem Bereich der Statistik und hat rein gar nichts zu tun mit der Bezeichnung KIRDI2S(igma). Genaueres gibts hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Standardabweichung.

Ich habe dereinst mal im ATPL lernen müssen, was 2 Sigma bedeutet... Wenn ich mich recht entsinne, ging es dabei um Fehlerbetrachtungen. Die Standardabweichung Sigma (= 68 %) ist ein Maß für die Streuung einer Verteilung (z. B. Menge von Messungen) um den Erwartungswert (z. B. Mittelwert über alle Messungen). 2 Sigma bedeutet, dass sich rund 95 % Prozent aller Messwerte innerhalb eines definierten Intervalls um den Erwartungswert herum befinden. Wie das jetzt im konkreten Fall auf der KIRDI2S-Departure aussieht, kann ich allerdings auch nicht erklären...
22. Juni 2006: Von Herbert Schödel an Helge Zembold
Hallo,

die Anwendung dieser statistischen Verfahrens ist aus meiner Sicht relativ einfach.
Man zerlegt die zu fliegenden Flugbahnen in Grundmanöver wie Geradeausflug, Kurven etc. Zu jedem Grundmanöver ermittelt man experimentell, wie gut Piloten diesem Sollweg folgen können. Dieses hängt natürlich von den drei Faktoren Pilot (inkl. Lfz Typ), Wetter, Instrumente ab. Dann ermittelt man den Abstand, den 95% der Piloten (z.B. bei 950 von 1000 Flügen)von der Sollbahn eingehalten haben. Zu jedem Grundmanöver gibt es so ein Toleranzband in Metern von der Sollbahn, den statistisch 95% der Piloten einhalten können.
Mit diesem Toleranzband kann man nun zu allen Procedures den 2Sigma Raum festlegen, ohne jemals wieder Statistik anwenden zu müssen. Sondern dieses geht nun rein mechanisch.

Diese Verfahren kommen relativ häufig vor (z.B. Toleranzen für Geschwindigkeitsüberschreitungen). Sie nehmen bewusst Ungerechtigkeiten in Kauf, denn die 5% außerhalb der Toleranz basieren evtl. auf mangelnder Fähigkeit des Piloten, vieleicht aber auch auf extreme (seltene)Wettersituationen. Aus Gründen der Rechtssicherheit nimmt man dieses aber hin.

Die Prozente 68% und 96% für Sigma bzw. 2Sigma gelten übrigens nur für die sogenannte Gausßsche Normalverteilung. Es gibt aber vernünftige Gründe, diese im vorliegenden Fall zur Modellierung zu unterstellen. Die Richtigkeit dieser Annahme ist allerdings grundsätzlich nicht beweisbar.

Beispiel 1: Die elektrische Spannung 230V aus der Steckdose ist übrigens der 1Sigma Wert der el. Spannung, denn der Mittelwert ist Null (positive und negative Werte!). Der Abstand der elektrischen Spannung von diesem Mittelwert quadriert, summiert und Wurzel daraus ergibt 230V.

Beispiel 2: Eine Technische Größe (Widerstand, Schraubendurchmesser, Gewicht von Lebensmitteln ...) hat z.B.einen Wert von X+-10%. Das bedeutet, dass 68% der Produktionsmenge (Losgröße) einen Wert zwischen X-10% und X+10% haben, 95% zwischen X-20% und X+20%, ganz ganz wenige aus der Produktion können Werte weit weit aus der Toleranz, z.B. 1000X haben. Dieses kann man aber methodisch nicht ausschließen, auch wenn es höchst selten vorkommt. Wenn man dieses Ausschließen will, muss man jedes Stück Einzeln prüfen und aussortieren (nennt man Screening). Wer behauptet, dass solche Ausreißer ausgeschlossen sind, beweist damit, dass die Annahme einer Gaußschen Normalverteilung nicht richtig ist.

Dipl.-Ing.(Uni) Herbert Schödel

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