Morgen Alexis,
über manche Dinge muss man ja mal schlafen und ein bisschen nachdenken.
"Ich hätte schwören können, dass Du weisst, dass Flugzeuge mit hoher Flächenbelastung abrupter stallen. Passiert das bei hoher g-load einseitiger in der Kurve, ist eine Cirrus, Mooney, TB.. sehr viel gefährlicher als eine 172 oder Warrior."
Vermutlich weiß ich das nicht, weil es einfach so nicht stimmt. "Abrupt" finde ich als Begriff zunächst mal schwierig. Abrupt heisst für mich: ohne Vorwarnung. Das ist definitiv nach meiner Erfahrung keine Funktion der Flächenbelastung. Ich kann das aerodynamisch nicht nachweisen, das muss ich jemandem überlassen, der das durchdrungen hat (Malte, Du hast da nicht zuföllig was auf Lager?). Aber rein aus der Erfahrung erhöht sich die Stall Speed natürlich mit der Flächenbelastung, aber es gibt eine Reihe von Flugzeugen mit vergleichsweise geringer Flächenbelastung, die ohne buffeting et al. ansatzlos abkippen. Eines davon kennst Du ja gut und hast es im Fliegermagazin auch als unzahm beschrieben: Den Sperling. Ein anderes Flugzeug mit relativ geringer Flächenbelastung wäre die Tomahawk.
Ansonsten ist es völlig klar, dass alle Flugzeuge unterschiedliches Überziehverhalten aufweisen - sowas trainiert man in einer Einweisung halt. Dass man das Flugzeug als Lehrer vorher kennt, bevor am es mit einem Schüler an den Grenzbereich des Envelopes führt, versteht sich von selbst. Soweit sehe ich hier weiterhin keine Besonderheiten der Cirrus, die eine spezialiserte Fluglehrerausbildung notwendig machen würde.
"Und noch ein Faktor ist wichtig: Der „stall resistant“ Flügel mit den „Cuffs“ hat auch die Eigenschaft, dass ein Spin Recovery anders zu handhaben ist - und dass das Flugzeug, wenn es mal trudelt, schwerer raus geht als andere Typen Dazu kann ich Quellen der Testpiloten liefern. Die Recovery-Technik ist etwas anders."
Ja, genau. Ich hätte schwören können, dass Du weisst, dass die Recovery-Methode der Cirrus das CAPS ist. Grundsätzlch - und ich berufe mich da auf das Research der NASA (https://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/19720005341.pdf) gibt es einige Faktoren, die entscheidend für ein spin recovery sind, einige davon überwiegen bei weitem nachgeordnete Faktoren. Erstere sind:
- Verteilung der Masse zwischen Rumpf und Flächen (Yaw inertia)
- Tail-Configuration (insbesondere die verfügbare, nicht vom Höhenruder abgeschattete Seitenruderfläche).
Ist ein interessanter Exkurs - hat mit den klassichen Turn-to-final accidents aber nichts zu tun, weil man aus 500ft AGL allenfalls die Anfangsphase eines incipient spins erreicht und das Todesurteil schon gesprochen ist, wenn man auf den Rücken gesnapped ist. Es geht also gar nicht ums Trudeln (auch in einer Einweisung nicht, über das besprechen der Recovery Methode hinaus), sondern um das Abkippen.
"Meine Warrior zB lässt sich nicht mal mit Gewalt in eiben wirklich gefährlichen Flugzustand zwingen, und ich habe mehrere 152s kennengelernt, die nicht trudeln wollen oder sich nur mit Mühe dazu zwingen lassen."
Und das ist dann der Punkt, der mich ehrlich gesagt schlecht schlafen lässt, wenn ein erfahrener und gestandener Luftfahrtjournalist mit ausgezeichnetem Ruf und vielgelesenen Beiträgen hier im Forum etwas schreibt, was wirklich gefährlich ist, vor allem, wenn es von Piloten einer C152 oder PA28 mit wenig Erfahrung missverstanden wird.
Es ist richtig, dass vor allem die Short Wing Pipers und die Tapered Wings sehr resistent sind, wenn es um das Abkippen aus der Kurve, selbst im geschobenen Flug, geht, aber es ist nicht unmöglich und auf die C150/152 trifft das ganz und gar nicht zu und auch nicht auf alle anderen PA28.
Nur um Dein Argument zu gewinnen, solche Ausführungen zu veröffentlichen ist wirklich unschön.
Im Übrigen finde ich toll, dass Du so ein Cirrus-Spezialist bist. Von Dir kann ich noch viel lernen.
Ich bin kein Cirrus-Spezialist, habe ich nie behauptet. Meine Spezialisierung ist eine andere und die ist typenübergreifend.
Viel Spaß bei der Einweisung. Ich gehe jetzt auch fliegen.
Danke. Gestern stand eine Mooney Einweisung auf dem Plan. Auch mit einem gut ausgebildeten und lernwiilligen Schüler. Ist im Vergleich zum Vortag in der Cirrus dennoch eine ganz andere Hausnummer, sowohl für den Eingewiesenen als auch für den Einweiser. Da sind objektiv einfach so viel mehr Fallstricke und procedural steps und checklist items, man muss Power Settings, Geschwindigkeit und Höhe (vor allem auf kurzen Bahnen wie Aachen) auf den Punkt fliegen...ich verstehe völlig, wenn die Leute lieber Cirrus als Mooneys kaufen, wenn man nacheinander in diese Flugzeuge steigt, dann ist die Mooney in vielerlei Hinsicht unterlegen (allen Sicht und Ergonomie!).
Sie ist aber hübscher und auch schneller, was den Vergleich nicht ganz fair macht.
Wünsche Dir und den Deinen abseits dieser interessanten, aber nicht gerade mit Nachsicht geführten Diskussion ein frohes Osterfest und happy landings.