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Engagierter Journalismus aus Sicht des eigenen Cockpits
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22. Januar 2018: Von Frank Naumann an Tee Jay Bewertung: +16.00 [16]

Dieser Fall ist meines Wissens weltweit einzigartig und verdient eine etwas differenziertere Betrachtung. Er ist insofern einzigartig, als dass die Ursache einer pilot incapacitation durch die Log-Funktion des Herzschrittmachers live aufgezeichnet wurde und die Unfallursache somit im Gegensatz zu vielen ähnlichen Ereignissen zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte. Doch der Reihe nach:

  1. Der Pilot steigt trotz der ihm wohlbekannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen allein ins Flugzeug, um bei anspruchsvollen Wetterbedingungen einen IFR-Streckenflug durchzuführen. Er ignoriert damit den Rat seiner behandelnden Ärzte, den Rat seines Fluglehrers, sehr wahrscheinlich den Rat seiner Freunde und Angehörigen und ganz sicher den gesunden Menschenverstand. Er musste jederzeit damit rechnen, aufgrund seiner Herzerkrankung oder einer Schrittmacher-Fehlfunktion zu sterben. Er nimmt damit einen Flugzeugabsturz wissentlich und billigend in Kauf.
  2. Der zuständige AME versäumt es, die bei Herzschrittmacher-Patienten obligatorische Einschränkung OSL ins Medical zu schreiben. Der AME wird vom Piloten auffällig häufig gewechselt, allen anderen beteiligten Ärzten wird vom Piloten überhaupt verschwiegen, dass er fliegerisch tätig ist. Daraus läßt sich mit verhältnismäßig wenig Fantasie ableiten, dass vom Piloten ein gewisser Druck ausgeübt wurde, die Tauglichkeit zu bescheinigen. Doctor hopping war zum damaligen Zeitpunkt ja noch relativ leicht möglich.
  3. Das LBA hat sich löblicherweise auf die medizinische Expertise der AME`s verlassen, sich nicht eingemischt und von diesen Vorgängen daher keine Kenntnis.

Die Reihenfolge der Punkte ist absichtlich umgekehrt chronologisch, denn in dieser Reihenfolge sehe ich auch die Verantwortlichkeit der handelnden Personen.

  1. Der Pilot wußte, dass er mit seiner Erkrankung auf dünnem Eis wandelt und jederzeit tot umfallen kann, und zwar buchstäblich. Das Fliegen war ihm aber offenbar so wichtig, daß er nicht darauf verzichten wollte und alles dafür tat, ein Tauglichkeitszeugnis zu erhalten. Wäre er nicht geflogen, dann wäre er an der malignen Rhythmusstörung im günstigsten Fall zu Hause im Schaukelstuhl gestorben, es hätte aber auch eine Massenkarambolage auf der Autobahn sein können. So hat er bis zur letzten Minute seines Lebens das getan, was er am meisten liebte. Welcher Flieger könnte da den ersten Stein werfen?
  2. Der AME hat seinem Patienten nachweislich ins Gewissen geredet, auf die Gefahren hingewiesen, einmal sogar den (allerdings formal falschen) OML-Eintrag ins Medical geschrieben, sich aber schlußendlich wohl dem Druck seines Klienten gebeugt und die Tauglichkeit bescheinigt. Hätte er den korrekten Eintrag OSL getätigt, wäre sein Patient trotzdem gestorben. Vielleicht wäre er sogar trotzdem im Flugzeug gestorben, einen OSL-Eintrag kann ein Privatpilot mit eigenem Flugzeug ja auch ganz leicht ignorieren. Sind die AME`s Schuld? Eher nicht, Unvernunft kann man nicht durch ein Stück Papier verhindern.
  3. Die Behörde hatte aus gutem Grund keinen Zugriff auf die sensiblen Gesundheitsdaten der Piloten. Ja, solche Zeiten gab es mal! Das LBA zu flambieren und ihm Organisationsmängel vorzuwerfen, halte ich für verfehlt. Der Ruf nach mehr Überwachung der AME`s durch Nichtärzte und Nichtpiloten ist mindestens genauso problematisch, denn wo führt uns das hin? Wenn man den Gedanken konsequent zu Ende denkt, müßten ALLE Ärzte behördlich überwacht und die Befunde ihrer Patienten zentral gemeldet werden. Was passiert dann mit dem LKW-Fahrer mit Bandscheiben-Problem und Schmerzpflaster, dem Polizeibeamten mit Dienstwaffe und Ehekrise, dem kettenrauchenden Lokführer mit Arteriosklerose, dem Waffenbesitzer mit Stimmungsschwankungen und Antidepressiva? Wollen wir eine solche Bevormundung wirklich?

Die Take-Home-Message für mich:

Einen jüngeren Safety Pilot mitzunehmen, ist ab einem gewissen Alter immer eine gute Idee, auch wenn es nicht im Medical steht. Vielleicht findet sich einer meiner heutigen Schüler später bereit, mir diese Ehre zu erweisen. Und vielleicht schaffe ich es dereinst, mit 100 Jahren im Segeldoppelsitzer in der Welle zu sterben, wäre kein so schlechter Abgang, oder?

22. Januar 2018: Von Stefan Jaudas an Frank Naumann

... nein, so eine Bevormundung will letzten Endes nur der zukünftige Vormund. Wenn schon nicht zu "unserem Besten", dann doch immer zu seinem eigenen.

Und hätte das etwas verhindert? Wohl kaum. Je höher die Hürden, desto leichter können die Schummler unbehelligt unten durchlaufen.

Das funktioniert sogar mit einem Airbus in den Seealpen.

22. Januar 2018: Von Tee Jay an Frank Naumann

Du scheinst da mehr Hintergrund Infos zu haben. Und bis auf den "Abgang in der Welle" teile ich viele Punkte.

Was mir aber nicht in die Birne geht: Warum meine alle immer sofort, eine Verbesserung der Organisation müsse immer mit mehr behördlicher Aufsicht und mehr Datensammlungen einher gehen. Peer-Reviews durch mehrere AMEs, einem non-punitive Meldewesen für "Mitwissende" oder eben auch das komplette Einstampfen des Medicals für Hobby- und Privatpiloten, könnte da wirksamer sein, weil es in genau solchen Fällen den Druck und Ängste nimmt.

Hätte das den Unfall verhindern können? Vielleicht, denn die ganze Energie mit dem Ärzte-Hopping, hätte er sich sparen können. Der Druck und die Verzweiflung wären nicht da, möglicheweise könnte dann genau der Raum für den Gedanken mit dem Sicherheitspiloten entstehen, von dem Du geschrieben hast.

Im Nachhinen und von der Couch aus schwer zu sagen...

22. Januar 2018: Von Alexander Callidus an Tee Jay

"Warum meine alle immer sofort, eine Verbesserung der Organisation müsse immer mit mehr behördlicher Aufsicht und mehr Datensammlungen einher gehen"

Zeig mir eine Organisation, die ihren Informationsbedarf reduziert hätte, jemals.

Der Rest ist off topic, nicht lesen, nicht ärgern:

-https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/allianz-fordert-treuhaender-fuer-autodaten-15409516.html
bes. vorletzter Absatz
-https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/diginomics/ein-riesiger-konflikt-ueber-den-datenschutz-droht-15402003.html
-https://www.welt.de/gesundheit/article154004816/Wenn-die-Krankenkasse-Ihre-Fitness-App-mitliest.html
-vorvorletzter und vorletzter Absatz
https://www.nzz.ch/meinung/chinas-bonitaetssystem-ist-eine-soziale-monstrositaet-ld.1341923

22. Januar 2018: Von Tee Jay an Alexander Callidus Bewertung: +1.33 [2]

OFFTOPIC: Zu spät, iich hab draufgeklickt... gelesen und geärgert.... ach weisst Du, es waren bisher rein organisatorische Ideen, die mir da als Verbesserung durch den Kopf gingen. Aber wenn Du schon an die technische Seite klopfst: Arztbesuche und Medicals könnten auf intelligenten Chipkarten - nicht den vom Bundesamt zertifizierten Schrott von Infineon - sondern solche mit Open Source Zero-Knowledge-Proof Mechanismen eine wirklich mathematisch sichere und Datenschutz unbedenkliche Lösung bieten. Gerade in einer kleinen und recht überschaubaren Gruppe von Piloten, AMEs und Behörde.

Doch wir bekommen weder ein Anwaltspostfach hin (obwohl S/MIME seit Jahrzehnten sicher und üblich) noch PC-Wahlsoftware oder gar sowas wichtiges und zukunftsweisendes wie eine Lade-Infrastruktur für E-Autos. Und da erwarten wir tatsächlich von der Administration, daß diese anfängt inteligent und innovativ zu sein? Wer nur hämmern kann, der sieht überall Nägel. Oder wie hat es Günther Dueck in seinem Buch "Schwarmdummheit" so schön umschrieben: Der Dumme versucht Probleme immer mit "mehr" zu lösen. Mehr Überstunden, Utilization, Personal etc.

Ich erwarte nicht viel von einem Land, das bei Glasfaser-Anschlüssen und Internet-Bandbreite auf den letzten Plätzen im EU Ranking gelandet ist. Wo selbst im "besten Netz" kein längeres Gespräch auf der Autobahn ohne Verbindungsabbrüche möglich ist. Das sich von der Netzneutralität verabschiedet hat und Zero-Rating toll findet. Dessen internationaler Software-Hit der vergangenen Jahre ein Stück Software zum Schummeln in Dieseln ist. Aber jetzt haben wir ja eine "weiter so" GroKo, dann schaffen wir das bestimmt...


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