Lieber Hubert,
da wir uns nun schon einige Zeit kennen und ich Dich persönlich schätze, ringe ich mir eine Antwort ab. Ich glaube aber, dass bedingt durch Mentalitätsunterschiede meine Argumente ins Leere laufen werden, zu sehr bist Du fixiert auf das, was Du Dir erlaubst als Gemeinwohl zu definieren, auf die utilitaristische Sicht der Dinge, auf das Vorrecht des Gemeinwesens gegenüber dem Einzelnen. All das teile ich nicht. Dennoch ganz konkret:
Zunächst einmal bist Du keineswegs nur der Überbringer der Nachricht, sondern machst auch noch einen aus meiner Sicht abseitigen und ich muss sagen geradezu perfiden Vorschlag, Kunstflug in Dinslaken auf wochentags 16-17 Uhr zu beschränken. Auf diesen will ich zu Beginn eingehen:
1) Kommt dieser Vorschlag ganz konkret einem Kunstflugverbot in Dinslaken für mich persönlich gleich. Vielen Dank!
2) Ist das ein Vorschlag für ein Berufsverbot der in Dinslaken tätigen Kunstflugfluglehrer, Erprobungs- und Vorführpiloten, eigentlich ein Berufs- und Produktionsverbot für die gesamte Firma Extra am Standort EDLD. Von 5h Arbeit in der Woche kann kaum jemand existieren.
3) Wäre ein solcher Vorschlag völlig praxisfremd. Kunstflug ist nicht an den Startort gebunden. Ich kann auch in Krefeld starten, nach Dinslaken fliegen und irgendwo Kunstflug planen und durchführen. Was Du also forderst, ist eine Beschränkung der Luftraumnutzung in einem Umkreis, der Deinem Freund und seinen Genossen zu pass käme.
4) Wäre Dein Vorschlag nicht auf EDLD zu beschränken, so wie irgendwann die Mittagspausen an ein oder zwei Plätzen eingeführt wurde und sich ausgebreitet hat, so würde auch das Kunstflugverbot kaum auf Dinslaken beschränkt werden können.
Dann will ich zur Bestandsaufnahme Deines guten Freundes kommen.
A) Ich bin selbst oft im Raum Dinslaken und in EDLD fliegerisch unterwegs gewesen. Die Sachlage trifft so wie von Dir oder Deinem Freund beschrieben einfach nicht zu, was sich auch an Hand des Hauptflugbuchs unschwer dokumentieren lassen dürfte
B) Es gibt bereits strenge Vorschriften zur Lärmreduzierung, u.a. auch unabhängig von der Fliegerei. Kunstflieger halten diese ein. Warum sollte es eine Lex Kunstflug geben, wenn der Rasenmäher nebenan oder die Kehrmaschine werktags dröhnen kann, wann er will?
C) Dein Freund wohnt vermutlich noch nicht lange im nördlichen Ruhrgebiet. Falls doch, frag ihn mal, ob er die Konversionsgeschichte des Landstrichs der letzten 35 Jahre verschlafen hat. Glaubt er im Ernst, fallende Immobilienpreise in Dinslaken hätten etwas mit dem Flugplatz zu tun?
D) Dein "Finger hoch", wer will neben EDLD wohnen - grundsätzlich ein valider Grundsatz. Handhabe ich auch so und komme dann zum Beispiel beim Thema Atomkraft zu den entsprechenden Ergebnissen. Beim Flugplatz muss ich persönlich sagen: ja, sofort! Ich würde auch gerne neben einer Bahntrasse wohnen! Finde ich faszinierend! Menschen sind verschieden! IM übrigen, Deiner Logik folgen ja auch noch andere in Deutschland, zum Beispiel die, die nicht gerne neben Hospizen, China-Restaurants, Kindergärten, Hauptschulen, Bushaltestellen, Taxiständen, Krankenhäusern, Bordellen oder Kirchen wohnen.
Last but not least zum Thema Verrat. Ja, ich nenne das Verrat. Denn - ich sagte es bereits - Du bist nicht nur Überbringer der Nachricht, Du machst konkret einen Vorschlag, einen Vorschlag in einem Forum, dass zehntausende individuelle Seitenaufrufe hat, das durch Mainstream-Medien als Recherchequelle herangezogen wird, das von Behörden wie Luftfahrtgegnern gleichermaßen gelesen wird.
Ich bin ein absoluter Befürworter der Meinungs- und Redefreiheit, aber ich fühle mich (siehe Punkt 1) verraten. Du hast ja jetzt keine kunstflugtaugliche Maschine mehr, vielleicht fällt es Dir darum leichter.
Vielleicht würden Dir F-Schlepps nur von 16-17 Uhr werktags ja auch gefallen. Es findet sich bestimmt jemand, der Angst um seine Immobilie oder seinen Samstagnachmittag im Garten hat oder den die Frequenz eines Vierblattprops auf der Remo stört. Vielleicht initiiert derjenige ja eine Volksabstimmung.
Zusammenfassend - ich finde, Du und andere übertreiben es mit dem Gemeinsinn. Natürlich darf meine Freiheit die anderer nicht übermässig beschneiden, aber wenn wir beginnen, das "Übermaß" am unteren Ende zu definieren, dann entfaltet das totalitäre Züge.