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4. August 2014: Von Hubert Eckl an Lutz D. Bewertung: +1.00 [1]
Liebe Leute,

der Einwand von Lutz, daß trotz Höhenoptimierung im Kraftwerk, der Wind die Rechnung über den Haufen werfen, resp. hyperverbessern kann, steht bei mir vor der Optimierung an erster Stelle. Aber macht Euch mal die Mühe und lest folgenden Aufsatz mit Verbrennung, Blei, Luft und der ganzen physikalisch-chemischen Gemengelage von einem WIRKLICHen Spezialisten, den ich meinen Freund nennen darf:

Tja, da kann ich natürlich ein Bisschen was zu sagen. Fangen wir mal mit der Historie an:

Bis nach dem 2 Weltkrieg gab es im Autosprit kein Bleitetraethyl, die Klopffesteigkeit des Sprits, also die gewünschte Oktanzahl, wurde durchMischungen aus entsprechendem Benzin und Benzol hergestellt. Klassicher Rennsprit für die damaligen Hochleistungsmotoren war 50/50, genannt BiBo 50.

Benzol ist Krebs-erregend, und wohl deswegen brauchte es eine Alternative. Und so kam man auf das Bleitetraethyl. (Patrick hat bei unserem Briefingsehr schön erklärt, wie das Zeugs bei der Verbrennung wirkt, Radikalfänger und so...). Mit diesen neuen Kraftstoffen waren plötzlich ganz anderespezifische Leistungen der Motoren möglich, und das nicht zuletzt deswegen, weil bei der Verbrennung Bleioxid entsteht, das sich an allen möglichen
und unmöglichen Stellen im Motor ablagert. Die meisten Stellen sind unmöglich, aber eine war ein durchaus erwünschter Nebeneffekt: die Sitze der Auslassventile.

Um das zu verstehen, muss man ein wenig über gemarterte Auslassventile reden. Am Ende des Expansionstaktes öffnet das Aulassventil bei einem Restdruckvon ca. 3bar im Zylinder (Hausnummer), und wie jeder weiß, der sich am Auspuff schon mal die Finger verbrannt hat, sind die Abgase zu diesem Zeitpunktganz furchtbar heiß, also so um die 700°C können da locker noch möglich sein. Der Kolben schiebt die heiße Gasmasse jetzt durch den Ringspalt des
Auslassventils nach draußen, wo das Abgas expandiert und sich dabei sofort abkühlt (dieses Expandieren ist das, was den Motor so laut macht). Dabei wird das Ventil ordentlich geheizt, und dabei dehnt es sich aus, Wärmedehnung nennt man das. Wenn sich das Ventil jetzt wieder auf den Ventilsitz im Zylinderkopf setzt, muss es seine gespeicherte Wärme über eben den Ventilsitz und die Ventilführung an den Zylinderkopf abführen. Das geschiehtwährend des folgenden Ansaugtaktes unter der Anpresskraft der Ventilfeder und während des Verdichtungstaktes unter der Anpresskraft der Feder und des Kompressionsdrucks. Beim Abkühlen schrumpft das Ventil aber wieder, und das erzeugt im Ventilsitz unter der hohen Anpresskraft bzw. Flächenpressung
eine Mikro-Gleitbewegung zwischen Ventil und Sitz. -so weit, so gut-

Früher waren unsere Motoren sehr häufig mit Grauguss- oder Bronze-Ventilsitzringen ausgestattet, oder -im Falle von Gußeisenköpfen- waren die Sitze direkt in das Material des Zylinderkopfes gefräst. Hochleistungsmotoren in den 30'er bis 50'er Jahren hatten mit dem oben Beschriebenen ernsthafte Probleme, zerrüttete oder herausgefallene Ventilsitzringe waren keine Seltenheit, oder Sitzringe, die schlicht undicht wurden und zu verbrannten
Auslassventilen geführt haben. Die Kühlung des Zylinderkopfes in der Auslassregion war das alles entscheidende, ob ein Motor hielt, oder nicht. Die ersten Vierventilmotoren hatten deswegen die Ventile in Radialanordnung, um den Abstand zwischen den beiden Auslassventilen größer machen zu können und die Kühlung zu verbessern. Noch in den 70'er-Jahren hat Ludwig Apfelbeck deswegen einen Kopf entwickelt, in dem je zwei Einlass-Ventile und
Auslass-Ventile gegenüber angeordnet waren, aber das nur am Rande...

Was hat das ganze mit Blei zu tun? Nun, das Bleioxid, das sich auf dem Ventilsitz ablagert, bildet einen Festschmierstoff, der den Reibbeiwertzwischen Ventil und Sitz verringert, und damit die ganze Sache deutlich entschärft. Mit Einführung von Bleitetraethyl im Kraftstoff waren plötzlich
ganz andere Literleistungen möglich, als vorher.

Die Amis haben in Kalifornien bereits in den 70'er Jahren die Katalysatorpflicht eingeführt, und damit das Blei aus dem Sprit verbannt. Das gingdeswegen, weil die erstens in ihren Dinosauriern ausgemachte Drosselmotoren gefahren haben (350PS aus 7,4 Litern Hubraum, das muss man erst mal hinkriegen...). Zweitens waren inzwischen die Stähle für Ventile und Sitzringe sehr viel leistungsfähiger, als früher, so dass die Motoren den
bleifreien Sprit auch vertragen konnten. Und an allen anderen Stellen im Motor war der Wegfall des Bleis ein Segen!

Aber selbstverständlich war das nicht. Ich weiß noch, wie bei unseren ersten auf Bleifreisitze umgebauten Guzzi-Motoren, die Sitzringe reihenweisewieder rausgefallen sind. Und die Mistdinger sind so hart, dass man sie mit normalem Werkzeug nicht mehr nachfräsen kann. Heute ist das alles kein
Thema mehr, aber das war eben nicht immer so.

Unsere Flugmotoren brauchen das Blei ebenfalls nicht, das ist richtig. Aber normaler Autosprit (sofern denn seine Oktanzahl passt) hat eben den Nachteil, dass da eine Menge Bioalkohol drin ist, und der ist hygroskopisch, das heißt, nimmt fröhlich Wasser aus der Luft auf, und das wiederum führt zu lustiger Dampfblasenbildung, Wasser ganz unten im Vergaser, Korrosion im Motor, und der Alkohol greift so manchen Kunststoff an.

Lieber Hubi, wenn Du schon was anderes als AVGAS fliegen willst, nimm bitte kein Super+ von der Tankstelle, sondern wenn schon, dann eine der 100Oktan -Sorten. Aral garantiert im Datenblatt z.B. die Freiheit von Bioalkohol. Aber es ist nicht legal, diesen Sprit zu fliegen!

Zum Thema Umwelt: irgendwo habe ich gelesen, dass im ganzen Jahr in Deutschland so viel AVGAS verkauft wird, wie an einem Tag Autosprit an denTankstellen. Solange das Verhältnis so ist, können wir das Bisschen Blei glaube ich vernachlässigen. Surfen im Internet verursacht wahrscheinlich mehr
Umweltschäden...

Eine Alternative ist der neue Kraftstoff von Total, das UL 95 (UL für unlead, 95 für die Oktanzahl ROZ, glaube ich). aber bisher gibt es den nur anwenigen Flugplätzen. Immerhin hat Lycoming alle seine Motoren dafür freigegeben. Conti weiß ich leider nicht.

Wenn Ihr mehr darüber wissen wollt, müssen wir uns mit einem Stapel Papier und einem Kasten Bier zusammensetzen. Mit dem Thema kann man locker einen
ganzen Abend füllen.
4. August 2014: Von Daniel Krippner an Hubert Eckl
Liest sich sehr interessant! Würdest du dich vielleicht mal für nen Kasten Bier opfern?
4. August 2014: Von Thomas Di Angelo an Hubert Eckl
Guten Abend Hubert,

ich wäre auch noch mehr an dem gefachsimpel Deines Bekannten interessiert. Es ist sehr spannend von Menschen zu lesen, die anscheinend mehr zerlegte Motoren in ihrem Leben gesehen haben als der Rest von uns und einigermaßen wissen wovon sie reden. Bei den meisten von uns hört es ja beim Ansaugstutzen auffeilen in der Jugend auf...

Solch einen Beitrag hätte ich mir in Pilot und Flugzeug auch schon mal gewünscht oder vom Motorenpapst aus den USA. Am Wochenende hat mich jemand von den Nachrichten gefragt, ob wir Piloten alles über Motoren wüssten und das musste ich leider verneinen.


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