Aber vielleicht könntest Du uns erklären, warum Du die Zukunft des Luftkampfs nicht in großen stückzahlen unbemannter Klein- und Mitteldrohnen siehst, sondern weiterhin in 30t / 250Mio. pro Stück Fluggerät.
Genau wie bei diesem Thread habe ich auch bei Air Defender das (Stör-)gefühl, dass es sich mehr um Militärfliegerei-Nostalgie handelt, als um einen echten Beitrag zur Landesverteidigung.
Wie wir leider gerade ganz live auf dramatische Weise erleben, ist Luftkampf heutzutage von 2/3 von Drohnen dominiert, die meisten davon eher kleine Exemplare in der 200kg Klasse wie die iranischen Shahed Drohnen.
Ein 30t Flieger wie die F-35 ist zwar ein echt faszinierendes Flugzeug und mag als schwerer Kampfbomber noch seine Berechtigung haben. Von einem Luftüberlegenheitsjäger kann man heutzutage bei einem 30t-Flugzeug aber nicht mehr wirklich sprechen, weil es völlig falsch im Kampf gegen 2/3 der Luftbedrohung ist.
Voilà:
Was du mit Klein- und Mitteldrohnen meinst, bleibt unklar. Dass Drohnen per se eine massiv ausgeweitete Rolle haben werden, ist unbestritten, aber dann musst du auch die richtigen in der richtigen Rolle nennen, nicht Luftmopeds mit großer Radarrückstrahlfläche, 200 km/h und 40 kg recht unpräzisem Sprengkopf.
Dass du die Tonnenzahl so hervorhebst, ist geradezu absurd: Es kommt da auf die Mission an. Eine Gripen wird noch sehr lange für ein Land wie Schweden oder die Ukraine für das Gros der Missionen perfekt sein, und auch bezahlbar sein wegen der geringen Größe. Aber der Grund für die schweren und daher großvolumigen Kampfflugzeuge wie Su-27, F-15 und auch NGAD werden primär auch das Treibstoffvolumen sein, was diese bislang eh brauchten für Patrouillendauer, Standzeit, Eindringmissionen, Verzicht auf Tanker in gefährdeten Domänen – und letzteres wird durch weitere Lenkwaffenfortschritte jetzt schon absehbar. Die Rollen von AWACS und Tankern wird dabei rapide abnehmen oder diese werden nach weiter „hinten“ verlegt. Oder von Flugzeugträgerdecks aus dann sogar als Auftrankdrohnen verwendet. Da gelten dann in der Tat die Vorteile der fehlenden Bemannung (30% weniger Systemgewicht mangels Besatzung, günstiger in Betrieb und personellem Bedarf, platzsparender, leichter ersetzbar bei Verlust etc.). Aber eben ergänzend, nicht ersetzend. Die US Navy beispielsweise will in der 6. Generation ein kleineres Flugzeug als die Air Force, weil sie sonst nicht von den Decks aus operieren kann. Und wir entwickeln mit Frankreich FCAS, was aufgrund der frz. (nachvollziehbaren) Anforderungen von der Charles de Gaulle und einem zwoten Träger eingesetzt werden wird. Da wir nicht die USA mit ihrem Anforderungsprofil für den Westpazifik sind eigentlich auch akzeptabel, aber optimal ist es nicht. Rein entwicklungs- und ingenieurtechnisch wäre hier also ein französischer Marinekleinbedarf mit den USA auf der einen und die Armée de l’air mit UK/ Schweden/ Japan/ Spanien/ Deutschland auf der anderen Seite sinnvoller gewesen. Aber Frankreich ist da mal wieder etwas eigen.
Das zeigt dir dann aber auch den zukünftigen „Fighterbedarf“ ganz gut auf: Da 250 mio in der Tat sehr, sehr teuer sind, schafft man davon weniger an und ergänzt mit im Schnitt vier „loyal wingmen“, was de facto dann Drohnen mit Multiplikatoreffekt sind. Die fliegen dann vor dir, multiplizieren Angriffsvektoren, Sensorverknüpfung aus verschiedenen Winkeln, der eine sendet aktiv, die anderen empfangen nur passiv, aber sind trotzdem weniger manipulierbar als sagen wir die RQ-170, das „Biest von Kandahar“, was ja sogar die Iraner mit spoofing, hacking, Kombination oder was anderem der Weltmacht USA abluchsen konnten. Da ist ein Mann an Bord als Hirte, der ein paar Bordercollies herumhetzen lässt, diese aber besser kontrollieren kann als sagen wir ein Kommunikationsnetzwerk, dass sich bei Satelliten, Erdkrümmung, Sendeleistung etc. mit mehr einfachen Möglichkeiten der Manipulation präsentiert.
Es wird also insgesamt auf einen Mix hinauslaufen – Fighter 6. Generation, der loyale unbemannte Rotten- oder Schwarmflugzeuge mitführt, für die ersten Tage eines konventionellen Großkrieges weiterhin sehr viele Marschflugkörper und Hyperschallraketen und -marschflugkörpern, sobald das technisch beherrscht wird. Ergänzt von Stealthflugzeugen der 5. Generation wie F-22, J20, F-35, Su-57, welche die feindliche Luftabwehr, Schlüsselziele wie Depots und Nachschubwege mit Übersättigung, Stealth, Köder (wie die MALD derzeit in der Ukraine) sowie Rapid Dragon mit den üblichen Militärtransportern zur nochmaligen Massierung von Marschflugkörpern zusammenführt. Und eben auch den ganzen älteren Kampfflugzeugen der 4. Generation, die so aktualisiert wie die F-15EX mit 22 Luft-Luft-Raketen sowie dem restlichen Gedöns immer noch sehr wertvoll sind. Solange die noch moderne Munition abwerfen nach den ersten paar Tagen, sind die aufgrund der langen Lebensdauern der Zellen auch nach 40 Jahren noch äußerst wertvoll. Jede Phantom (die Griechen, Türken und Südkoreaner nutzten die noch) kann immer noch mit über Mach 2 fliegen und erhebliche Bombenlasten als Abstandswaffen ohne eigenes Risiko abwerfen. Das ist halt reine Physik, Avionik und Ökonomie.
Wo Drohnen massiv an Bedeutung gewinnen werden vermutlich noch deutlich mehr Lauermunitionen wie bei den Israelis die Harop, Mini Harop und Harpy, um auch ältere feindliche taktische Luftabwehr günstiger und sicherer auszuschalten oder aus der Reserve zu locken. Diese wiegen aber keine 200 kg und dödeln wie eine 172 in 120 m Höhe mit 90 dB so langsam durchs Land, dass man diese auch mit MGs von 1910 hervorragend und günstig bekämpfen kann.
In dem Mix sieht keine erstklassige Militärmacht gerade Shaheds vor, da man beim konventionellen Großkrieg wie gezeigt gegen den Irak 1991 und 2003 am Anfang gleich alles knacken will. Das heißt nicht, dass die Mopeds für 20 k USD nicht ihre Berechtigung haben können, wenn es kleinere ärmere Staaten sind, asymmetrische Konflikte nicht nur von MALE-Drohnen (Bayraktar, Heron TP, Reaper etc.) geführt werden, oder billig mal eine Lücke beim Gegner aufgeklärt werden sollen. Das ist dann reine Ökonomie, so dass auch die Abwehr „günstig“ sein muss; Skyranger und Iron Dome beispielsweise.
Shahed in besser (leise, Geländefolgeflug, deutlich schneller und Haken schlagender) könnten sicherlich was bringen, aber weder Israel, noch China, noch die USA, noch irgendein mir bekanntes europ. Land macht da was. Das hat seine Gründe: Wenn die Iraner sowas an Hisbollah oder Rebellen im Jemen liefern, ist das die Rache des kleinen, machtlosen Mannes. Kann sogar gegen UAE oder Saudi Arabien funktionieren. Aber wenn das im größeren Maßstab von Nordkorea gegen Südkorea geplant würde, sollte ich mich wundern. Bei dichter Luftabwehr kommt’s da halt nur auf die Kosten der Geschosse oder die Frage an, wie schnell wird da alles Nordkoreanische von Südkorea am Boden zerschossen. Kann (fiktiv für Nordkorea) klappen, teilweise, wenn es wie auch jetzt schon aus zivilen LKWs mit einfachen Planen aus disloziert wird. Nur sieht Südkorea die dann schon lange vorher vom AWACS aus, so dass sie das günstigste Abwehrmittel verwenden.
Und damit zur Kommentierung deines ersten Beitrages:
Das ist keine Nostalgie, sondern notwendiges Üben. War früher noch notwendiger, als Peenemünde, Laage und viele andere von uns geschätzte Plätze Aufmarschgebiete des Warschauer Paktes waren. Jetzt wird es wieder nötig, um jetzt in Stresstests aufzuzeigen, was bei Großverlegungen hakt und ruckelt, und in Großübungen außerhalb von Red Flag etc. der Truppe auch große Lagen präsentiert, um Schwachstellen früh aufzuzeigen. Wäre Kiew nach 72 h gefallen und Putin oder sein Nachfolger hätte aus innenpolitischen Gründen mal die ersten 30 km von Estland und Litauen in der Suwalkilücke besetzt, ist man auf einmal dankbar, wenn der Luftraum dort binnen weniger Tage komplett der NATO gehört, der Nachschub und die Basen der Revisionisten komplett ausfallen und man nur noch unmotivierte russische Restkräfte vom Territorium vertreiben müssen, die seit Tagen keine Nahrung, Treibstoff und Munition mehr erhalten haben. Üben gehört dazu. Das geht nicht nur in Planspielen und am PC.
Der Luftkrieg wird nur deswegen von Drohnen direkt in Frontnähe dominiert: Eben weil wir ein Patt mit leichten Vorzügen für Russland haben. Aber nicht von den 200 kg – Drohnen, sondern kleinen UAS.
Sonst könntest du bei einem Krieg beispielsweise Nord- gegen Südkorea konventioneller Art ganz simpel feststellen, dass die Südkoreaner nach 2 Tagen komplette Luftüberlegenheit haben, 80% ihrer Marschflugkörper so einsetzten wie die USA in 1991 und 2003, und dann hektisch mit hunderten Flügen Kims pervers massierte Rohraartillerie vor Seoul eine nach der anderen mit Präzisionsmunition ausdünnen. Da ist Loitermunition dann zwar auch extrem sinnvoll, aber Laser- und GPS-Bomben für 30 k GBP (aktueller Preis!) aus über FL 160 bei komplett ausgeschalteter Luftabwehr ist günstiger, sicherer, präziser nach den ersten paar Tagen. Harop etc. kosten dann (aus dem Kopf) das zwoeinhalbfache, GLMRS bei heutiger Bestellung wohl das 10-fache. Bomben ohne Antrieb aber höchster Präzision sind halt billig im Vergleich zu angetriebenen Flugkörpern. Die NATO hätte bei einem Angriff komplett anders reagieren können als die Ukraine aufgrund von Kohle, Technik, Übungen – einer absolut vernichtenden konventionellen Überlegenheit. Drohnen mit 200 kg wären da als Ziele im Tontaubenschießen verendet, von Marschflugkörpern wäre natürlich noch ein Teil durchgekommen, was man nur mit deutlich mehr Aufwand Richtung Null reduzieren kann; dafür wäre die russische Luftwaffe im Gegenzug nach 3 – 5 Tagen kein Faktor mehr.
Die Shaheds könnten modernisierte Kampfflugzeuge der 2. Generation zu Dutzenden Nacht für Nacht abschießen, eben gerade weil auch eine F100 mit ein paar Sidewindern aus den 80ern diese sagen wir 50 km diesseits der Front problemlos runterholen können. F100 und Sidewinder selbst stammen aus den 50ern. Die hätten auch damals schon eine Bonnie oder 15 Bonnies im ersten Versuch abschießen können. Tun sie ja auch jetzt mit MiG-29, nur verlieren die die halt ungern durch Trümmer, wenn man zu nah dran war. Aber hätten Polen, Kroatien, Rumänien und Bulgarien ihre Resterampe in den ersten 3 – 5 Monaten geliefert, würden die Ukrainer diese 200 kg Mopeds zu 100% abschießen. Die sind lauter, langsamer und weniger wendig als deine Malibu, und in der würdest du dich richtig nackt fühlen gegenüber einem Kampfflugzeug aus den 50ern.
Mit 30 Tonnen ist man kein schwerer Kampfbomber, sondern ein Jagdbomber. Und unverzichtbar, um feindliche Luftabwehr bei einem konventionellen Großkrieg am Anfang zu Klump zu schießen. Lambrecht war ja an Inkompetenz unerreicht, aber die Entscheidung pro F-35 war dann doch etwas, wo sie auf die richtigen Berater im Hause hörte statt der EA-18 plus F-18 E/F. Hat wegen Stealth recht wenig Zuladung, konstruktionsbedingt, aber alleine wegen der Sensoren und als Multiplikator ist die auch nach Abschuss aller eigenen Waffen immer noch drauf ausgelegt, „im gegnerischen Strafraum“ Dirigent für die eigenen anderen Kräfte zu spielen.
„Von einem Luftüberlegenheitsjäger“ – sie ist ein Mehrzweckkampfflugzeug, und damit ist das, was du leugnest, automatisch dabei. Sie ist der Nachfolger der F-16 und macht von Einsatzprofil das Gleiche, angepasst an heutige Zeiten und Fortschritte. Ganz klar Jäger und Jabo in einem. Für eine Streitkraft der Größe NL/ Norwegen/ CZ/ Belgien absolut perfekt für alles, und für 100% der gegnerischen Bedrohungen in der Luft geeignet. Aber halt ein Ingenieurkompromiss als Generalist, nicht Spezialist. Der sicherlich auch deutlich günstiger oder 30% leistungsstärker plus früher fertig geworden wäre, wenn man nicht auch den den Senkrechtstarter in diese Rolle und Bauform reinpresst.
Was das mit den 30 Tonnen zu tun hat, musst du mal erläutern. Vielleicht guckst du dafür mal auf die MTOM von F-15 C und F-15 E, F-15 EX, F-16, F-35 und F-22. Aber für ein bisschen mehr Variation kannst du auch gerne mal deine These bezüglich SU-34 und SU-35 erläutern. Etwas grob zusammengefasst spielt das Gewicht ausschließlich bei der Reichweite, Zuladung, Radarantennengröße und Preis eine Rolle. Nicht mit der Rolle Jäger oder Jabo.
Ich vermute, mit Militärfliegerei hast du dich bislang eher wenig beschäftigt…
Das, was ich hier zusammengefasst habe, ist absoluter Mainstream in der Fachpresse und den Bestellvorhaben wohlhabenderer Nationen auf dem gesamten Planeten. Die das allesamt anders planen als dein Beitrag dies bewertet. Vermutlich brauchen die einen Unternehmensberater, der ihnen erklärt, warum üben nur Nostalgie ist und dass 200 kg-Drohnen die Zukunft sind.