Hubert,
da hast Du einen wirklich guten Punkt angesprochen: jede Vorschrift, die angeblich der Sicherheit dient, sollte auch auf ihre diesbezügliche Effizienz hin überprüft werden. Daß Sicherheitsgurt und Alkoholprohibition am Steuer zur Reduktion der Toten im Autoverkehr beigetragen haben, läßt sich statistisch gut belegen. Einen solchen Wirksamkeitsnachweis sind aber bis heute viele Regelungen der Luftfahrtmedizin schuldig geblieben. Wieso soll z.B. eine Frau nicht mehr sicher fliegen können, nur weil sie schwanger ist? Wieso soll jemand nicht mehr fliegen können, nachdem er HIV-positiv getestet wurde? Ich meine nicht AIDS-krank, nein, nur positiv getestet. Wieso soll jemand mit einer Rot-Grün-Schwäche ein höheres Unfallrisiko haben, nur weil für ihn subjektiv die Wiese ein wenig weniger grün ist? Und - noch absurder - wieso soll er dann nur tagsüber und nach VFR fliegen dürfen, also genau dann, wenn die Farbwahrnehmung überhaupt erst relevant werden könnte? Nachts und in der Wolke sieht er sowieso nix, weder rot noch grün...
Viele dieser Regelungen sind willkürlich von "Expertengremien" festgelegt, aber nie evaluiert worden- "Eminenz-based" statt "Evidence-based", sozusagen. Hinter manchen Regeln stehen handfeste Wirtschaftsinteressen der Pharmaindustrie. Die in den letzten Jahrzehnten immer weiter nach unten manipulierten "Normwerte" beim Cholesterin sind dafür ein klassischen Beispiel. "Normal" im Sinne von "haben die meisten Gesunden" ist immer noch 200 plus Lebensalter. Mehr Umsatz hat man als Pharmahersteller aber natürlich, wenn man den Zusatz "plus Lebensalter" wegläßt. Einige Regeln sind nachweislich nicht sicherheitsrelevant. In Australien z.B. dürfen Piloten mit Rot-Grün-Schwäche seit einigen Jahren problemlos auch beruflich fliegen, ohne daß dort plötzlich mehr Leute vom Himmel fallen würden. Medizinische "Grenzwerte" und Tauglichkeitsanforderungen kritisch zu hinterfragen ist meines Erachtens nicht nur völlig legitim, sondern auch dringend notwendig. Da stimme ich Lutz und Dir vollkommen zu.
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