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19. Juli 2016 Jan Brill

Technik: EASA Opinion Part ML


Neue Wartungsregeln nach Part-ML

Mit den kürzlich veröffentlichten Opinions No. 05/2016 und 06/2016 setzt die EASA den Umbau der Instandhaltungsvorschriften fort. Der jetzt vorgelegte Entwurf geht dabei in einigen Punkten noch über den NPA vom Juli 2015 hinaus. Die EASA bereinigt auch die Struktur der verschiedenen Verordnungen und zieht eine noch klarere Trennlinie zwischen dem alten Part-M und dem neuen Part-ML. Auf vielfachen Wunsch veröffentlichen wir unseren diesbezüglichen Artikel aus der Juli-Ausgabe von Pilot und Flugzeug hier im Internet.

Eine Opinion ist sozusagen ein endgültiger Gesetzentwurf. Dieser geht dann zur Verabschiedung an die EU-Kommission. Die Kommission kann jedoch noch nach Belieben Änderungen vornehmen. Das geschieht nicht-öffentlich im sog. Comitology-Process und ist die große intransparente Blackbox in der EU-Gesetzgebung.

Normalerweise folgt die Kommission aber der Opinion der EASA. Ob das in diesem Fall auch so ist, bleibt spannend, denn der Entwurf ist gegen den Widerspruch einiger nationaler Behörden zustande gekommen und schneidet mit erheblichen Vereinfachungen auch in liebgewonnene Ertragsstrukturen von CAMOs ein.

Part-ML soll für alle nicht-komplexen Flugzeuge unter 2.730 kg, andere ELA-2 Flugzeuge und alle Hubschrauber unter 1.200 kg anwendbar sein. Also sind auch alle Segelflugzeuge und Ballone vom Part-ML abgedeckt.
Zwei wichtige strukturelle Entscheidungen hat die EASA mit der Opinion festgelegt:


Erstens: Part-ML wird ein eigenständiger Part, der die Instandhaltung der darin eingeschlossenen Flugzeuge vollständig regelt. Querverweise und Einschübe aus dem Part-M soll es nicht mehr geben. Das vereinfacht die Suche nach den geltenden Vorschriften und soll verhindern, dass Vorschriften und Änderungen aus dem ungeliebten Part-M in der kleinen GA irgendwelche Wirkung entfalten.

Zweitens: Flugzeuge, die unter Part-ML fallen, müssen auch nach Part-ML instand gehalten werden. Es gibt keine Wahlmöglichkeit, doch nach Part-M zu verfahren. Begründet wird das mit befürchteten Nachteilen für Part-ML-Flugzeuge (z.B. bei Versicherungsprämien). Tatsächlich möchte die EASA aber wohl auch gegenüber bestimmten nationalen Behörden klarmachen: „Ihr müsst es den Leuten jetzt leichter machen!“


Auch für Flugschulen und gewerblichen Betrieb, nicht aber für AOCs (CAT)


Diese Tabelle aus der EASA-Opinion soll verdeutlichen, welche Instandhaltungsregeln zukünftig für wen gelten.
Klarer als bislang macht die EASA jetzt auch, welche Betriebsarten für eine Instandhaltung nach Part-ML in Frage kommen. Alle Betriebsarten dürfen Part-ML nutzen. Einzige Ausnahme: Flugzeuge, die in einem AOC gemeldet sind. Bedeutet: Auch kommerzielle Flugschulen, Bannerschlepper, Arbeitsflieger oder andere gewerbliche Betreiber kommen in den Genuss des Part-ML (mit einigen Differenzierungen allerdings).
Diese Flugzeuge dürfen nicht nur, sie müssen nach Part-ML gewartet werden, da die EASA ja nicht nur uns, sondern auch den nationalen Behörden ein Upgrade zum Part-M ausdrücklich verboten hat!

Damit setzt die EASA der leidigen Diskussion in Deutschland um TBO-Überschreitungen bei Flugzeugen in gewerblichen Flugschulen ein klares Ende.

Lediglich Flugzeuge, die in einem AOC eingesetzt werden (Part-CAT), müssen nach Part-M gewartet werden. Das bedeutet verkürzt: CAMO, alle SBs und keine TBO-Überschreitungen.

An den wesentlichen Neuerungen und Erleichterungen des Part-ML hat sich nichts geändert. Flugzeuge können mit einem genehmigten Instandhaltungsprogramm gewartet werden oder mit einem IHP, das der Halter selber deklariert. Das genehmigte IHP wird dabei für Part-ML von einer CAMO oder CAO (später mehr zur CAO) erstellt und auch genehmigt.

Behördliche IHP-Genehmigungen gibt es unter Part-ML nicht mehr – sie sind ausdrücklich untersagt. Alternativ deklariert der Halter das IHP per Eigenerklärung und übernimmt damit selber die Verantwortung für die Lufttüchtigkeit.

Bei der Ausgestaltung des IHP gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Default IHP: Der Halter erklärt einfach, allen Anweisungen und Empfehlungen des Herstellers zu folgen.
  • Angepasstes IHP

Das angepasste IHP muss dabei den Vorgaben des Minimum Inspection Programme (MIP) genügen. Diese sind im Part-ML festgelegt und unterscheiden sich nicht von den im NPA gemachten Mindestanforderungen (siehe Pilot und Flugzeug 2015/08).


Differenzierungen im Part-ML

Nicht alle Verfahren und Erleichterungen im Part-ML sind für alle nutzbar. Ein Unterscheidungsmerkmal innerhalb des Part-ML ist der gewerbliche Betrieb. Aber die EASA definiert den Beginn des gewerblichen Flugbetriebs für die Zwecke des Part-ML als
„aircraft not operated under Part-NCO.“

Das bedeutet: Flugschulen fallen nicht unter den gewerblichen Betrieb im Sinne des Part-ML, denn Flugschulen sind bei den Betriebsregeln eindeutig dem Part-NCO unterworfen.

Für Arbeitsflieger und andere gewerbliche Operator, die nicht unter Part-NCO fliegen, sieht sich die EASA außerstande, angesichts der geltenden Basic Regulation die Pflicht zur Wartung in einer CAMO zu streichen. Allerdings schafft die EASA mit dem neuen Part-CAO eine stark vereinfachte CAMO, die mit der Genehmigung für Part-145 Instandhaltungsbetriebe kombiniert werden kann und die ohne Safety Management System auskommen soll.

Auch die Möglichkeit, Flugzeuge durch einen unabhängigen Einzelprüfer nachprüfen und den ARC ausstellen zu lassen, ist auf den nicht gewerblichen Betrieb beschränkt.


CAMO und CAO

Alle Bestimmungen zur CAMO werden vom alten Part-M in einen neuen Part-CAMO ausgelagert. Hier greift dann auch die zweite Opinion der EASA, nämlich 06/2016, die Safety Management Systeme (SMS) für CAMOs vorschreibt. Hier kommt auf existierende CAMOs eine Menge Arbeit zu.

Mit dem neu geschaffenen Part-CAO kreiert die EASA allerdings eine stark vereinfachte CAMO ohne SMS. Diese ist für Werften gedacht, die dem Kunden einen Rundum-Service in einer Organisation bieten wollen. Die Combined Airworthiness Organisation (CAO) ist auf Flugzeuge im Part-ML beschränkt, darf hier aber von der Instandhaltung über die Genehmigung von IHPs, das Ausstellen von ARCs und die Erteilung von Flugerlaubnissen (permit to fly) alles machen. Mit einer einzigen Genehmigung!

Für den Halter verspricht sich die EASA von der CAO geringere Kosten, da nur noch ein einzelner vereinfachter Approval gehalten werden muss. Abgesehen von den Kosten ist es für den Halter allerdings egal, ob er einer Werft mit CAMO oder einer CAO gegenübersitzt. Beide Organisationen können ihm denselben Service bieten. Er hat aber auch die Möglichkeit, einen Einzelprüfer mit der Erstellung des ARC zu beauftragen.


Aus Sicht des Halters

Fassen wir die Änderungen aus Sicht eines nicht gewerblichen Betreibers zusammen. Wer ein Flugzeug einfach privat fliegt, es verchartert oder in einer Flugschule einsetzt, der hat zukünftig bei der Instandhaltung Folgendes zu beachten:

Genehmigtes oder selbsterklärtes IHP?
Das IHP kann von einer CAMO oder CAO (=Werft) erstellt und genehmigt oder vom Halter deklariert werden. Es muss in jedem Fall zumindest den Anforderungen des Minimum Inspection Programme genügen. Das bedeutet: jährliche Nachprüfung und 100-Stundenkontrollen.

Instandhaltung in einer CAMO/CAO?
Der Halter muss dann wählen, ob er selber die Verantwortung für die Lufttüchtigkeit übernimmt oder diese an eine CAMO oder CAO delegiert. Wenn er selber das IHP deklariert hat, muss er auch selber die Verantwortung für die Lufttüchtigkeit übernehmen und kann diese nicht mehr an eine CAMO/CAO abgeben.

Nachprüfung wo?
Die Nachprüfung und Ausstellung des ARC können entweder von einem freien Prüfer oder in einer CAMO/CAO erfolgen. Die CAMO/CAO kann das ARC auch ausstellen, wenn der Halter selber die Verantwortung für die Lufttüchtigkeit übernommen und das IHP selber deklariert hat. In diesem Fall muss sie im Rahmen des ARC aber prüfen, ob das deklarierte IHP noch den Anforderungen des Minimalprogramms (MIP) genügt.

TBO-Überschreitungen?
TBO-Überschreitungen – oder in der EASA-Terminologie „deviations from the DAH’s recommendations“ – sind ausdrücklich zulässig. Auch für Flugschulen, denn auch diese fliegen unter Part-NCO. Einziger Unterschied: Wenn der Halter im deklarierten IHP von den TBOs abweicht, muss er das nicht begründen. Wenn eine CAMO/CAO in einem genehmigten IHP von den TBOs abweicht, muss sie das begründen. Da es allerdings keine behördlichen Genehmigungen mehr für IHPs unter Part-ML gibt, dürfte diese Diskussion mit dem LBA ein für allemal abgeschlossen sein, ebenso wie die Diskussion um die Cessna-SIDs.


Fazit

Die EASA robbt sich in mühsamen Schritten dahin zurück, wo wir vor Part-M und CAMO einmal angefangen haben: Die Werft schraubt, der Prüfer prüft und der Halter hat die Verantwortung für die Lufttüchtigkeit.
Welch ein irrer Aufwand, um eine Fehlentwicklung zurückzufahren, von der schon 2005 praktisch alle GA-Kenner gesagt haben: Funktioniert so nie und nimmer! Part-M und CAMO waren für GA und EASA der doppelte Knieschuss mit Ansage.

Halter von Nicht-ML-Flugzeugen dürfen diesen Unfug jetzt noch eine Weile mitmachen. Alle anderen sind raus und haben es mit einer Regelung zu tun, die viele Möglichkeiten und Flexibilität bietet, auch in der Owner-Maintenance.

Für die zahlreichen privaten Halter, die mit einem selbstdeklarierten IHP arbeiten, dürfte es laufen wie vor Part-M: Sie bringen einmal im Jahr das Flugzeug zur 100er mit kombiniertem ARC und fertig.
Sie können nach Appendix II „Limited Pilot-owner maintenance“ aber auch viel selber machen am Flugzeug. Vor allem Vereine werden das begrüßen. Einmal im Jahr kommt ein Prüfer und erstellt den ARC.

Die TBO-Diskussion ist nun auch für Flugschulen definitiv vorbei. Die Abgrenzung im Part-ML über den Betrieb nach NCO dürfte wasserdicht sein. Flugschulen brauchen ihre Flugzeuge nicht mal mehr in einer CAMO/CAO zu managen, auch ihnen steht die Möglichkeit eines selbsterklärten IHPs offen.

Das ist vor allem deshalb gut, da so vorrangig privat gehaltene Maschinen für einzelne Ausbildungsvorhaben (z.B. IR) schnell und ohne das bisherige Gedöns um die TBO und das IHP in einer Schule eingesetzt werden können.

Erkennbar ist, dass die EASA gerne noch weiter vereinfacht hätte, dies aber aufgrund der Vorgaben der Basic Regulation nicht kann. Erkennbar ist auch, dass die EASA einige Vorschriften ausdrücklich als Schutzvorschriften gegen Wildwuchs in den nationalen Behörden konzipiert hat, so z.B. die ausdrückliche Abschaffung der Option, ein Part-ML-Flugzeug auch nach dem strikteren Part-M zu warten.



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