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27. Februar 2006 Jan Brill

Flugbetrieb: LOWI NOTAMS


Achtung Piloten: Frühzeitige Flugvorbereitung mittels NOTAM kann lebensgefährlich sein

„Luftfahrzeuge, welche in das zeitweise Luftsperrgebiet einfliegen, müssen damit rechnen, mit militärischen Mitteln bekämpft zu werden.“ Das ist einer dieser Sätze, bei denen man in der Flugvorbereitung irgendwie hängen bleibt. Zu lesen gibt es diese Morddrohung im Luftfahrthandbuch der Republik Österreich, unter Ergänzungen, AIP SUP 003/06 LOWI AD2. Jetzt kann man sich natürlich erst einmal Gedanken dazu machen, wie das wohl aussieht, wenn Österreichs Bundesheer, vermutlich in Gestalt der Luftstreitkräfte, mit „militärischen Mitteln“ gegen einer 172er, ein Ultralight oder ein Segelflugzeug vorgehen. Werden da Raketen abgeschossen? Was treffen die? Oder Flak-Granaten vielleicht? Was passiert als Nächstes? Schließlich befindet sich das so geschützte Luftsperrgebiet mitten im Stadtzentrum von Innsbruck...

© Austrocontrol 
Übersetzen wir das einmal ins Hochdeutsche: „Mit militärischen Mitteln bekämpfen“ heißt im Klartext „shoot to kill“. Zuletzt habe ich so etwas in einer Überfluggenehmigung der Volksrepublik Vietnam für Flugzeuge der Leserreise 2005 gelesen. Dies führte übrigens zu einer NOGO-Entscheidung für das fragliche Flugvorhaben, aber das ist eine andere Geschichte.
Militärisch bekämpfen bedeutet nichts anderes als „umbringen“, „vernichten“, „abschießen“. Versuche abzudrängen, den Piloten auf seinen Fehler hinzuweisen oder zur Landung zu zwingen werden gar nicht erst gemacht. Der fliegende Bürger wird umgehend „bekämpft“, wenigstens macht man daraus keinen Hehl.

Wer sich in Zeiten gleichförmiger Sicherheits-Populistik mit solcherlei Umgang des Staates mit seinen Bürgern schon abgefunden hat, der wird wohl zumindest den Umstand problematisch finden, dass in den NOTAM-Veröffentlichungen von heute (28.02), auf dieses am 6. und 7. März gültige Bürger-Schiessgebiet keinerlei Hinweis zu finden ist.
Jedenfalls noch nicht. Wer jetzt schon weiß, dass er am 6. März nach Innsbruck fliegen muss, um dort Ski zu fahren, Kaffee zu trinken, gegen das Treffen der EU-Verteidigungsminister zu demonstrieren oder geschäftliche Termine wahrzunehmen (sämtlich legale Aktivitäten!), der wird sicher damit beginnen die NOTAMS für den 6. März zu lesen. So geschehen in der Redaktion von Pilot und Flugzeug am heutigen Vormittag. Wir wollten nämlich tatsächlich am 6.03. nach LOWI fliegen!

Ein paar neue Frequenzeinteilungen ein paar Kräne, nichts besonderes. Wären wir da nicht durch eine Email auf jenes AIP SUP 003/06 aufmerksam geworden hätte ich meinen Mitfliegern für diesen Tag gesagt: No Problem!
Ich hätte falsch gelegen. Denn nicht nur, dass im Umkreis von einer Nautischen Meile um den Konferenzort bis 300 ft GND feuer-frei auf den Bürger gilt, im Umkreis von 27 NM um das Innsbruck NDB (INN) ist an beiden Tagen auch ein zeitweiliges Flugbeschränkungsgebiet bis FL195 eingerichtet. Auch dort ist man nicht gerade zimperlich es wird aber wenigstens nicht gleich scharf geschossen. Zitat:

Luftfahrzeuge, welche ohne Zustimmung im zeitweiligen Flugbeschränkungsgebiet fliegen, werden von Militärluftfahrzeugen gemäß den im Luftfahrthandbuch Österreich, ENR 1.12 verlautbarten Verfahren angesteuert.

Wer weiß? Vielleicht wäre ich am 6. März VFR geflogen und hätte mich bis zum Erreichen der Innsbruck CTR nicht gemeldet? Dann wäre die Überraschung einige der uralten Draken aus der Nähe zu beobachten sicher beträchtlich gewesen.

Vorbereiten: Aber wie?

Jaa... sagt der gewissenhafte Pilot: Unmittelbar vor dem Flug muss man die NOTAMS checken. Und das stimmt auch!
Nur Überlegen Sie sich einmal: Sie planen einen Flug in sechs Tagen. Sie wissen, dass es irgendwelchen Security-Buhei geben wird. Was machen Sie? Sie checken die NOTAMS so früh es geht um sicherzustellen, dass, falls Sie von irgend einem Präfekten, Landvogt oder Gauleiter eine Extra-Genehmigung brauchen, diese auch rechtzeitig beantragt werden kann.

Also lesen Sie die NOTAMS und finden: Nichts. Natürlich gehen Sie davon aus, dass eine Jahre im Voraus geplante internationale Konferenz vielleicht auch 6 Tage zuvor die lebensgefährliche Luftraumsperrung bekannt zu geben vermag.
Diese Information jedoch zu bekommen ist nicht leicht, selbst dann nicht, wenn Sie wissen, dass es diese Information gibt, denn das AIP SUP selbst lag uns ja vor (gibt’s auf einer versteckten Website der Austrocontrol). Also:

  • Wir lasen die aktuell gültigen NOTAMs: Nichts
  • Wir riefen bei AIS Wien an und fragten explizit auch den am 6. und 7. März für LOWI und LOVV gültigen Airport- und Aera-NOTAMs: Nichts.
  • Ich insistierte und fragte den AIS-Briefer ausdrücklich: Sind Sie sicher, dass es keine Beschränkungen gibt, in den NOTAMs kann ich nichts finden, ich habe da aber etwas gehört von den Kollegen (das AIP Supplement lag friedlich vor mir auf dem Tisch). Antwort in typisch lehrreicher Manier: „Wenn im NOTAM nichts steht, dann gibt es nichts.“
  • Erst auf direkte und zielgerichtete Aufforderung faxte AIS-Wien dann das gewünschte „AIP-SUP 003/06“ nach Niederbayern (aber auch da nur die erste Seite, dass es eine zweite Seite gibt, mit dem Beschränkungsgebiet, das musste man raten).
  • Nur auf die unmittelbare Frage wo denn das zu dem Supplement gehörige Trigger-NOTAM sei rückte AIS mit den beiden NOTAMs: A0086/06 und A0085/06 heraus.
    Antwort: „Ja, dass müssen Sie vorher sagen, dass Sie die NOTAMs soweit im Voraus (6 Tage!) haben wollen.“



Mitten im Luftschießgebiet: Der Heliport der Uniklinik Innsbruck (blau). NICHT ZUR NAVIGATION!
© Mapquest 
Formal hat AIS damit übrigens Recht. Hätten ich am Tag vor dem Flug die NOTAMs gecheckt, wäre das Trigger-NOTAM zu finden gewesen und ich hätte mir das referenzierte Supplement geben lassen können. Aber mal ehrlich: Wenn Sie explizit nach den NOTAMs für den 6. März fragen und explizit nach einer Beschränkung fragen und ebenso ausdrücklich belehrt werden: „wenn im NOTAM nichts steht, dann gibt es nichts“ ...

Deshalb unsere dringende Bitte: Checken Sie die NOTAMs nochmals unmittelbar vor dem Abflug! In der Alpenrepublik jedenfalls geht’s augenscheinlich um Ihr nacktes Leben! Wenn Sie glauben ein OWI-Verfahren sei der GAU aufgrund einer Nachlässigkeit, dann warten Sie, bis Sie vom Bundesheer mit „militärischen Mitteln bekämpft“ werden...

Und noch etwas: Checken Sie auch die Area-NOTAMs. Auch hier sind wir übrigens bei Pilot und Flugzeug nicht frei von Fehlern. Am 6.2. titelten wir auf unserer Website Die Lüge vom gesperrten Luftraum“ anlässlich der gemeldeten aber anscheinend nicht veröffentlichten Luftraumsperrung über Turin. Tja – zu früh gefreut! AIS-Frankfurt (auf die Anfrage „Bitte alle NOTAMs für einen Flug nach Turin heute“) gab uns per Fax lediglich die AERODROME-TYPE NOTAMs zurück. Auch Jeppesen Flight Star liefert in der von uns verwendeten Version lediglich AERODROME-TYPE NOTAMs!
Erst ein aufmerksamer Leser und die Prüfung auf der Website der DFS gab das BULLETIN AREA-TYPE zurück, mit den für die gesamte FIR geltenden NOTAMs. Darin war dann die fragliche Luftraumsperrung auch veröffentlicht. Ich lag also daneben.
Ich hätte allerdings auch früher darauf kommen können: Denn wenn für eine FIR kein einziges Area-NOTAM im Briefing zu finden ist, dann fehlen diese höchst wahrscheinlich in der Zusammenstellung.

Also noch mal: NOTAMs unmittelbar vor dem Flug prüfen. Und zwar AERODROME- und AREA-TYPE! Area-NOTAMs beziehen sich immer auf eine FIR, zu erkennen an der vergebenen Kennung wie z.B. EDMM, LOVV oder LIMM.


Eigentlich was für's Museum, aber in Österreich gelegentlich noch zum Abfangen genutzt: Saab Draken
© Eric Frikke 
Fragen Sie bei einer rechtzeitigen vorläufigen Flugvorbereitung immer nach den NOTAMs für „plus X Tage“. Wenn Ihr AIS-Briefer diese Auswahlbedingung nicht explizit mit in seinen Computer eingibt, bekommt er die NOTAMs auch nicht zu sehen und Sie bekommen sie nicht zu lesen. Und vor allem: Lassen Sie Ihr Briefing unmittelbar vor dem Flug aktualisieren.

Das Krankenhaus im Schießgebiet

Übrigens: Voll im Bekämpfungsgebiet 1 NM um das Kongresszentrum am Herzog-Otto-Ufer liegt die Universitätsklinik für Unfallchirurgie an der Annichstrasse mit ihrem Hubschrauberlandeplatz. Wollen wir mal hoffen das niemand ernstlich Krank wird im Kawendel oder auf den Tuxer Alpen...

Die gute Nachricht hier wäre, dass nach dem BVG-Urteil vom 15.02.2006 zum Luftsicherheitsgesetz eine Bürgerbekämpfung mit „militärischen Mitteln“ in der Bundesrepublik Deutschland definitiv ausgeschlossen ist (siehe auch Editorial der Märzausgebe von Pilot und Flugzeug).

Das vollständige AIP-Supplement finden Sie hier zum herunterladen.

Es lohnt sich bei der Austrocontrol ein wenig zu stöbern, kommt doch am 10. und 11. März in Salzburg schon das nächste Luftsperrgebiet mit Schießbefehl daher.


  
 
 




1. März 2006: Von Andreas Lettenmeier an Jan Brill
Tragisch aber anscheinend wahr...
Allerdings: Wer den fatalen Fehler macht und in den falschen Luftraum einfliegt, macht inzwischen mit modernerem Kampfgerät Bekanntschaft:
###-MYBR-###"25.11.2005
Österreichs alter Abfangjäger ist mit Jahresende Geschichte. Der Saab Draken, mittlerweile über 40 Jahre alt, durfte beim Nationalfeiertag noch ein letztes Mal medienwirksam in Erscheinung treten. Am Freitag werden sie offiziell mit einem Festakt in Zeltweg verabschiedet.
Die Luftraumüberwachung übernehmen zur Zeit die von der Schweiz geleasten F5-Kampfjets. Diese werden so lange verwendet, bis der von EADS bestellte Eurofighter "Typhoon" eintrifft.
Die Draken werden nach der offiziellen Verabschiedung allerdings noch einige Mal in die Lüfte steigen. Sie simulieren den F5-Piloten Eindringlinge, die abgefangen werden sollen."

Aber ist es nich herzlich egal, von wem ein harmloser und unbedarfter VFR-Pilot vom Himmel geholt wird?
Vielleicht ist es billiger Cessnas und Piper abzuschießen, oder sie als Ziel zu benutzen, als diese Aufgabe von Saab Draken übernehmen zu lassen?
Man sieht, dass der Regulationswahnsinn auch jenseits der deutschen Grenzen immer weiter um sich greift!
2. März 2006: Von Erich Schmidt an Jan Brill
Ich wüsste allerdings nicht, was mich dennoch von einem Flug nach LOWI am 6. oder 7.3. abhalten sollte. Egal ob VFR oder IFR. Beim Einflug ist lediglich die Zustimmung der Flugverkehrskontrollstelle per Funk (oder vorher per tel) einzuholen.
Das zeitweilige Luftsperrgebiet LOWI AD 2 (das ist das, wo mit militärischen Mitteln gegen Eindringlinge vorgegangen wird - Gott sei uns gnädig.....) betrifft einen An/Abflug aus LOWI nicht, da eine vertikale Beschränkung von 300ft den AN/Abflugsektor nicht tangiert. Beim Abflug aus LOWI ist die Zustimmung von MCC per tel einzuholen. Wird ja nicht zu schwierig sein, denke ich mal.

Auch ich verwehre mich gegen die vollkommen pilotenfeindliche Publizierung der Notams.

Im Zusammenhang mit weiteren Einschränkungen des privaten Luftverkehrs wurde von unserem Flugverein FSV2000 (Stockerau bei Wien, LOAU) bereits ein Schreiben ans die zuständigen Ministerien und an den Bundeskanzler geschickt (zu lesen unter www.fsv2000.at).

Ganz schlimm wirds dann beim Bush-Besuch im Juni werden. Dann soll der ganze Luftraum 50nm um Wien herum zum Sperrgebiet erklärt werden.....

Und was macht unsere Interessensvertretung? AOPA nicht existent. AERO Club????

Mit Fliegergruß
Erich Schmidt
6. März 2006: Von Gerd Wiest an Jan Brill
Die haben das anscheinend gelesen, heute steht in den NOTAMS:

LOWI
FROM 06/03/06 07:00 UNTIL 06/03/07 17:39 A0106/06
REF AIP SUP 003/06 TEMPO PROHIBITED AREA 'INNSBRUCK'.
THE LAST SECTION SHALL READ AS FOLLOWS:
- GERMAN TEXT: DER EINFLUG MIT LUFTFAHRZEUGEN IN DAS ZEITWEILIGE
LUFTSPERRGEBIET (TPA) ZIEHT EINE ANGEMESSENE REAKTION IM RAHMEN DER
LUFTRAUMUEBERWACHUNG NACH SICH.
- ENGLISH TEXT: AIRCRAFT ENTERING THE TEMPORARY PROHIBITED AREA (TPA)
HAVE TO EXPECT MILITARY REACTIONS.
GND UP TO 300FT AGL

Das klingt doch zumindest etwas humaner, auch wenn sich inhaltlich nicht viel ändert...

Viele Grüsse

Gerdl

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