Ich möchte Thomas mal sekundieren, denn auch ich arbeite in der Medizintechnikindustrie.
Und da wird nicht so gearbeitet, dass man einen Prozentsatz für eine Versagenswahrscheinlichkeit ausrechnet und dann meint, naja ein Toter pro 100.000 ist ja ok.
Stattdessen wägt man Risiken mit den Vorteilen ab. Und die technischen Maßnahmen für die Risikoreduktion gehen davon aus, dass jede Komponente versagen darf, nur halt nicht zwei gleichzeitig, oder eine unbemerkt und dann die andere Jahre später katastrophal.
Soweit also meine Unterstützung für Thomas. Die menschenverachtende Denkweise, die Chris BK unterstellt, ist der "Marktwirtschaft" nicht zu eigen. Einzelne Kriminelle gibt es natürlich überall.
Jetzt kann ich es mir aber nicht verkneifen, doch noch auf eine menschenverachtende Sch... hinzuweisen, die leider systemimmanent ist: Überregulierung. Oder auch "Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht".
Denn was macht die ach so tolle Regulierung aus dem Sicherheitsbedürfnis der "Menschen"? (Wenn Politiker von "Menschen" sprechen, höre ich immer "Untertanen").
Im Interesse der Wähler werden die profitgierigen Hersteller von der Politik gebändigt. Es wird GANZ genau hingeschaut:
Nehmen wir an, ich (Profitgeier) entwickle also ein Produkt, um Menschen zu behandeln, die im Schnitt nur noch Monate zu leben haben oder mit großer Wahrscheinlichkeit diese Woche nicht überleben. Nun habe ich eine Idee, wie man die Restlebenszeit oder die Überlebenswahrscheinlichkeit verzehnfachen kann, dabei gibt es aber ein kleines zulassungsrechtliches Problemchen: Ich MUSS leider ein hautreizendes Material (zB Gummi mit Weichmachern drin) in (Schleim-)Hautkontakt zum Patienten bringen. Dabei besteht die Möglichkeit, dass der Patient (m/w) eine Hautrötung oder Entzündung oder ähnliches kriegt. Geht eigentlich nicht, denn ein Biokompatibilitätstest ist vorgeschrieben und würde in diesem Fall sicher nicht bestanden. Was nun? Ich habe einem der Zulassungshengste mal genau diese (gar nicht so fiktive) Situation geschildert und gefragt, was man in diesem Fall tut. Antwort: das Produkt halt nicht auf den Markt bringen. Menschen sterben, aber die Papierlage ist in Ordnung.
Und so sieht Überregulierung aus. Und die Bevölkerung liebt es, denn sie befasst sich - auch da eine Parallele zwischen Luftfahrt und Medizin - gedanklich sehr wenig mit diesen Themen und verlässt sich auf eine möglichst "strenge Regulierung". Die bei jedem Vorkommnis, ob es dieses nun mit Regulierung zusammenhing oder nicht, verschärft wird. So nach dem Motto, in Mannheim verunglückt ein Jet, dann lasst uns doch mal die kleinen langsamen Propellerflugzeuge mit einer Extra-Auflage versehen.
Und die Leute merken gar nicht, wie kontraproduktiv es sein kann, eine ganze Industrie zu gängeln. (Es ist allgemein bekannt, dass im Pharmabereich, wo alles noch viel schlimmer ist, kaum mehr ein Hersteller überhaupt einen Wirkstoff entwickelt. Und die, die es doch tun... aber lassen wir das, googelt einfach "Tamiflu").
Mal ganz davon abgesehen gängeln wir ja immer nur die DEUTSCHEN Hersteller, lassen aber jeden (EU/USA) auf unserem Markt verkaufen. Aber das ist nochmal ein ganz eigener Themenkomplex.
Ist das eigentlich jetzt wieder Verschwörungstheorie? Ich würde sagen, das ist Verschwörungspraxis.