Hallo Robin,
wie schon angeklungen, es hängt alles etwas von der gewünschten "Dispatch-Rate" ab. So wie ich es verstehe, möchtest du hier den besten Kompromiß zwischen Dispatch-Rate und Kosten herstellen.
In der Tat ist der Turbo für IFR in Europa eine mehr als sinnvolle Sache. Entscheidend ist immer die time-to-climb, also bis sagen wir FL100 oder FL150. Denn in der Tat bedeutet IFR fliegen mit non-FIKI Maschinen, mal etwas vereinfacht dargestellt: nach dem Start sofort 'rauf on top und dort weiterfliegen bis zum top of descent. Wenn das nicht möglich ist, ist der Flug eventuell nicht durchführbar. Punkt. Schon Teegen hat immer gesagt, ein Turbo sei bei IFR wertvoller als eine volle Enteisungsanlage. Ich würde aus Erfahrung dazu tendieren, dem zuzustimmen.
Zunächst aber zu den Non-Turbo Maschinen: Logischerweise ist auch hier der Fortschritt, was die Dispatch-Rate angeht, gleitend. Es gibt keinen Flugzeugtyp, bei dem die Dispatch-Rate einen großen "Sprung" macht. Dennoch würde ich eine stärker motorisierte Maschine (Leistungsgewicht!) immer der etwas schwächeren vorziehen. Persönlich würde ich eine kleine Demarkationslinie sehen zwischen den 180-200PS Complex Singles (Arrow, Cardinal RG, M20F/J) und solchen ab 230 PS und mehr (also C182, Dakota, TB20, Commander114 und dann aufwärts). Letztere haben einfach (bei gleicher Zuladung) in der Regel eine etwas solidere Steigrate als die ersteren, speziell wenn es Richtung FL150 gehen muss. Und meiner Erfahrung nach hat man speziell im Sommer in Europa sehr häufig die Tops irgendwo in der Umgebung von FL150. D.h. genau dort kommt es auf die verbleibende Steigrate oberhalb FL100 an. Außerdem sind bei Alpenquerungen (in der Tat mit so was nur in VMC sinnvoll) die MEAs meist zwischen FL140 und FL170. Da müssen sich erstere schon sehr sehr hinquälen und haben dann auch keine Reserve mehr noch oben, falls es doch noch mal 2-3000 Fuß höher gehen muss. Noch besser sind (bei gleicher Zuladung) natürlich die Flieger in der 300PS-Klasse, also insbesondere Bonanza und C210, zumal beide ein sehr dickes Profil haben und ein wenig Eis gut wegstecken können. Die non-Turbo SR22 stellt innerhalb dieser Klasse einen Sonderfall dar; sie hat von allen die besten Steigraten (bestes Leistungsgewicht!); andererseits ist das Profil sehr kritisch, was Eis angeht. Die allermeisten gebrauchten non-Turbos haben nur ein non-FIKI Enteisungssystem, welches doch hier und da ein paar Flächen nicht abdeckt.
Wenn man IFR mit solchen Maschinen fliegt, ist es unabdingbar, zu lernen, wie man (so gut es eben geht) mit Hilfe der Satellitenbilder und der TEMPs vor dem Abflug (und damit: der go/no-go Entscheidung) die Tops auf der Strecke abschätzt. Denn es ist eben entscheidend, ob diese bei FL80, FL140 oder FL180 liegen. Und: wichtig ist auch, wo die höchsten Tops sind: auf halber Stecke eine Front mit Tops von FL150 (oder gar FL180) zu überfliegen ist (Sauerstoff natürlich vorrausgesetzt) kein Problem - man kann diese Dinge dann ja in aller Ruhe aus dem Reiseflug (on top) sehen und rechtzeitig entweder (langsam) weitersteigen oder das Gebiet umfliegen. Liegt aber der Abflug im Bereich dieser Front, wird es sehr schwierig, überhaupt erstmal on top zu kommen und sich ein Bild von der Lage zu machen. Ähnliches gilt für den Anflug, denn allzu lange sollte man sich ohne FIKI eben nicht während des descents im Eis aufhalten müssen.
Manch einer wird nun vielleicht sagen, man könne doch - zumindest im Sommer - meist auch Enroute unterhalb der Nullgradgrenze bleiben und somit also auch ohne FIKI in IMC cruisen. Dies ist aber der Erfahrung nach in der Realität kaum eine Option. Selbst in nur 5000 Fuß kann man in Nord- und Mitteleuropa auch im Sommer ganz schnell mal sehr nah an die Nullgradgrenze herankommen (ich glaube, viele kennen dieses "WTF?!?" wenn die OAT von Grad zu Grad absinkt). Und leider sind die MEAs in Europa nun mal in der regel eher deutlich höher (Spezialfälle wie UK einmal ausgenommen). Neben dem Thema Eis birgt das Cruisen in IMC weitere Probleme: statsiche Aufladung, embedded CBs, Gefahr von Hagel, und vor allem ständige, meist mehr oder weniger starke Turbulenzen. Und noch etwas viel Wichtigeres, was immer wieder vergessen wird: Passagiere hassen (ich wiederhole: hassen) das längere Fliegen in IMC (selbst wenn es nicht allzu turbulent ist) und werden sich das nächste Mal gut überlegen, ob sie nochmal mitkommen. Also nochmal: 'rauf on top ist praktisch ohne Alternative.
Du solltest daher auch die kleineren Turbo-Flieger nicht ganz außen vor lassen. Turbo-Arrow, M20K, und 112TC haben, schätze ich mal (ohne jetzt geschaut zu haben), obwohl sie unten 'rum nicht so gut steigen, insgesamt eine bessere time-to-climb bis FL150 als 'ne nominal deutlich stärkere non-Turbo 210 oder Bonanza. Und: die Vereisungsbedingungen hat man ja nun mal naturgemäß meistens eher im oberen Segment des Steigflugs, sprich dort, wo die Turbo-Maschinen einen klaren Vorteil haben. Außerdem: diese Maschinen kann man (Baujahr 70er Jahre natürlich) ja nach Avionik für 50000-80000 Euro kaufen. Da fängt es bei 210 und Bonanza erst ganz langsam an.
Ein letzter, wichtiger Punkt bei IFR ist aber die Range, und in diesem Zusammenhang die Cruise-Speed. Mal ein Beispiel: eine (non-turbo) Piper Arrow macht 135 Knoten true. Das Problem: zu dem Zeitpunkt, an dem man einen Flug grundsätzlich plant, weiß man meist noch nicht, wo der Wind der herkommen wird. Nach Murphy's Law wird er dann aber genau auf der Nase stehen. "Normale" Wetterlagen können in FL100 oder so schon gerne mal 40 Knoten bedeuten. Macht also 95 Knoten GS. Packt man hier oder da doch mal ein paar Milimeter Eis drauf, können daraus dann auch gerne mal nur 90 Knoten werden. Wieviel Endurance hat 'ne ROP geflogene Arrow bis die Tanks leer sind? Sechs Stunden? Gut, sagen wir man möchte mit 1,5 Stunden Reserve im Tank landen (hängt natürlich immer ein bisschen von den Randbedingungen ab). Dann bedeutet dies, dass dieses Flugzeug für Touren eine "planbare" Range von nicht viel mehr als 400 (90*4,5) Meilen hat! Gar nicht so viel, was? Dazu kommt ja, dass in Süd- und Ost-Europa vielerorts kein Avgas zu haben ist, und man daher öfter mal gezwungen ist, zwei Legs ohne zwischenzeitliches Auftanken zu fliegen. In Summe würde ich sagen, ein sinnvoller Flieger sollte deshalb (bei Nullwind) schon an die 1000 nautische Meilen Range (ohne Reserven gerechnet) haben. Deshalb ist ja die TB20 in diesem Zusammenhang mit ihren 330 Liter Tanks wenn man LOP fliegt so geschätzt.
Hoffe, das waren dir ein paar nützliche Anregungen. Probiere verschiedene Maschinen aus (am besten in "realen" Missionen) und mache dir ein gutes Bild, bevor du etwas entscheidest.
|