Hi Martin,
ich gebe Dir natürlich insofern Recht, als man in jedem konstruktiven Design bzgl. der essentiellen Verbindung von Tragflächen und Rumpf Kritikpunkte anbringen kann. Und nicht nur Piper- oder Cessna-Modelle sind diesbezüglich von einer Anweisung betroffen. Entsprechendes gab es bspw. auch bei der Commander (Flügel und Elevator). Und seit Ende Dezember unterwirft die EASA bestimmte Robin DR 400-Seriennummer einer AD (2022-0267-E), weil die nicht vorschriftsmäßige Verarbeitung des - meiner Meinung nach durchgängigen - Flügelholms im Werk zu strukturellen Schwächen führen kann. Auch der ebenfalls aus Holz konstruierte Holm der Bellanca Viking, die zugegebenermaßen eher ein Exot ist, oder der Holm der Socata TB20/21 (hier aus Alu) sind durchgängig und aus einem Stück gefertigt. Und trotzdem riss bei einer TB21 beim Ausrollen auf einer Straße nach einer Notlandung im Juli letzten Jahres der linke Flügel ab, als sie mit der Flügelspitze an einem Kfz hängen blieb (Aviation Saftey Net, # 280450). Einmal mehr den allgemeinen Erfahrungssatz bestätigend: Nix is' fix!
Ich bin selber lange genug und gerne PA28 geflogen. In meiner Double-Income-No-Kids-Zeit habe ich mit der Archer II D-EKCW sogar mal eine besessen. Und die fliegt auch immer noch in Hildesheim in einem Verein. Am Ende geht es aber um Wahrscheinlichkeiten. Wenn die auf eine Tragfläche einwirkenden horizontalen Hebelkräfte - neben dem gerade mal ca. 20 cm tief in den Holmkasten gesteckten Holm - lediglich von zwei relativ kleinen Bolzen in einer entsprechend klein dimensionierten Aluminiumbohrung aufgefangen werden, dann muss in einem solchen Design eben weniger Material diese Kräfte aufnehmen, als in den anderen o.g. Konstruktionen. Und dann ist die Wahrscheinlichkeit einer schnelleren Materialermüdung (bspw. ausgeschlagene Bohrungen) entsprechend höher.
Was bei der Piper-AD auch noch dazu kommt, ist, dass zur Inspektion der Flügel wohl in jedem Fall gezogen werden muss. Sonst kann man die Bohrungen nicht in Augenschein nehmen. Und auch dann ist das lediglich eine situative Bestandsaufnahme nach 5000 Stunden. Die Belastung des Materials geht auch bei Negativbefund weiter, es wird ja in diesem Fall nichts ausgetauscht. Wann die Bohrungen schließlich doch die Toleranzgrenze überschreiten und die Bolzen zu viel Spiel bekommen ist unklar.
Das alles macht mich nicht zum Piper-Verächter. Aber als Kaufinteressent sollte man um derartige Umstände schon wissen.