18. Januar 2004 Joachim Adomatis
Infrastruktur: Fliegen ohne Flugleiter
Schönhagen will es wissen
Mit Beginn der Flugsaison soll in Schönhagen das Fliegen ohne Flugleiter Praxis werden. Angesichts einer Pleitewelle, die die Flugplätze des deutschen Ostens gegenwärtig überrollt, hat Klaus-Jürgen Schwahn, Geschäftsführer des meistfrequentierten Verkehrslandeplatzes der neuen Bundesländer die Initiative ergriffen.
Selbst an einem so gut ausgelasteten Landeplatz wie Schönhagen, mit 46.000 Flugbewegungen im Jahr, decken die Einnahmen aus Landegebühren gerade mal ein Drittel der dem Flugbetrieb zugeordneten Personalkosten.
Tonband statt der Typen im Turm
Schwahns Antrag an die Landesluftfahrtbehörde sieht einen Modellversuch von April bis Oktober 2004 vor. In dieser Zeit soll jeweils an den verkehrsarmen Werktagen Montag bis Donnerstag in den Zeiten von acht bis zwölf Uhr der Tower von EDAZ unbesetzt bleiben. Dabei soll der Bodendienst weiterhin mit einem qualifizierten und eingewiesenen Servicemitarbeiter besetzt werden, der sich im Bedarfsfall über sein Handfunkgerät melden kann.
Wir wollen uns in kleinen Schritten an das Fliegen ohne Flugleiter herantasten, sagt Dr. Klaus-Jürgen Schwahn im Gespräch mit Pilot und Flugzeug. Piloten, Flugplatzpersonal und die Luftfahrtbehörde sollen sich langsam an das neue Verfahren gewöhnen können.
Als eine praktizierbare Verfahrensweise schlägt er vor, anfliegende Piloten durch eine Tonbandansage über Schönhagen INFO 122.70 aufzufordern, nach Standardverfahren in die Platzrunde einzufliegen, Positionsmeldungen blind abzusetzen, Überfliegen von Ortschaften zu vermeiden und nach eigenem Ermessen zu landen.
Der Geschäftsführer weiß sich bei seinem Vorpreschen in Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben in der Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO). Dort heiß es: Der Landeplatzhalter hat auf Verlangen der Genehmigungsbehörde eine oder mehrere Personen als Flugleiter zu bestellen. Die Bestellung bedarf der Bestätigung durch die Genehmigungsbehörde. (LuftVZO, § 53, Abs. 3)
Tausend Arbeitsstunden weniger
In Bundesländern mit sehr starkem Flugaufkommen, wie beispielsweise Bayern, ist Fliegen ohne Flugleiter seit Jahren bereits üblich. Es wird in der Regel immer genehmigt, wenn sichergestellt werden kann, daß eine eingewiesene Person am Boden anwesend ist.
Tausend Arbeitsstunden ließen sich im Jahr auf diese Weise einsparen. Das hat man in Schönhagen ausgerechnet.
Doch geht es nicht nur um Kostenersparnis, sondern auch um eine Erhöhung der Einnahmen, wenn man durch Fliegen ohne Flugleiter in den Sommermonaten Landungen zwischen 20 und 22 Uhr ermöglichte oder frühe Starts zwischen sechs und acht Uhr.
Ausführlicher Bericht in Heft 03/2004 von Pilot und Flugzeug