Login: 
Passwort: 
Neuanmeldung 
Passwort vergessen



Das neue Heft erscheint am 30. März
War früher alles besser?
Frühjahrsflug in die Normandie
EDNY: Slot-Frust und Datenleck
Triebwerksausfall kurz nach dem Start
Der kleine QRH-Bausatz
Unfall: Wer zu oft warnt ...
Engagierter Journalismus aus Sicht des eigenen Cockpits
Engagierter Journalismus aus Sicht des eigenen Cockpits
Antworten sortieren nach:  Datum - neue zuerst |  Datum - alte zuerst |  Bewertung

Dieser Beitrag ist für andere Benutzer noch nicht sichtbar.

 
17. Dezember 2004 Redaktion

Politik: Fliegen ohne Flugleiter


Kein Traum: ohne Flugleiter in Schönhagen landen

Noch liegt kein schriftlicher Bescheid vor, aber eine mündliche Zusage des Sachgebietsleiters in der Brandenburger Luftfahrtbehörde, Klaus Wernicke: „Fliegen ohne Flugleiter“ wird für den Verkehrslandeplatz Schönhagen genehmigt werden. Das offizielle Schreiben dazu soll in der zweiten Januarhälfte an die Flugplatzgesellschaft rausgehen.

Damit hätte für Dr. Klaus-Jürgen Schwahn, Geschäftsführer in Schönhagen (EDAZ), ein zweijähriges mühevolles Ringen mit dem Landesamt für Bauen, Verkehr und Straßenwesen (LBVS)eine Ende. Denn eigentlich sollte nach den Wünschen und Antragsvorlagen Schwahns an seinem Flugplatz schon in der letzen Saison ohne Flugleiter geflogen werden. Pilot und Flugzeug berichtete. Doch Behördenmühlen mahlen langsam und im Osten noch langsamer.

Doch zuweilen auch dann besonders effizient, das Beispiel Schönhagen zeigt es. Wie es aussieht, wird das Land Brandenburg in Deutschland bald an der Spitze der Bewegung stehen, was das Fliegen ohne Flugleiter betrifft.

Denn: In Schönhagen soll dieser Vorzug für alle Flugzeuge gelten. Das heißt, für platzansässige Piloten wie auch für fremde. Und das ist neu in Deutschland: Die Regelung gilt nicht nur außerhalb des regulären Betriebes, morgens früh und abends spät, sondern an Werktagen auch innerhalb der veröffentlichten Öffnungszeiten des Verkehrslandeplatzes, wenn auf den Flugbetriebsflächen nichts los ist.

Brandenburg setzt sich an die Spitze bei Fliegen ohne Flugleiter

Damit hätte Brandenburg in Sachen „Fliegen ohne Flugleiter“ die Nase vorn. Bisher hatte Südbayern die weitaus liberalste Regelung. Sie gilt dort aber nur für Flugplatz ansässige Flugzeughalter und die der örtlichen Luftaufsicht persönlich bekannten Piloten. Piloten also, die ständig an einem der Verkehrslandeplätze wie Eggenfelden, Straubing oder Vilshofen fliegen.

Für die für EDAZ dann endgültige Regelung wird ein entsprechendes NOTAM Anfang des Jahres 2005 in den Nachrichten für Luftfahrer (NfL) veröffentlicht werden. Danach würde der den Landeplatz Schönhagen anfliegende Pilot auf der Info-Frequenz EDAZ, 122,70 kHz von einer Tonbandansage empfangen werden:

”Die Flugleitung von Schönhagen ist nicht besetzt. Starten und landen Sie nach eigenem Ermessen. Beachten Sie die Platzrunde und melden Sie Ihre jeweilige Position blind auf dieser Frequenz. Vermeiden Sie das Überfliegen von Ortschaften und der Vogelschutzgebiete im Nordwesten des Platzes.”

Mit Beginn der Flugsaison 2005 wird also in Schönhagen der hohe Arbeitsplatz auf der Kanzel in 14 Meter Höhe im neuen Tower zu betriebsschwachen Zeiten leer bleiben. Zur Wahrung aller für die Sicherheit wichtigen Vorgaben, inklusive eines adäquaten Alarmplans, täglicher Kontrolle der Landebahn und der Rollwege, wird der Bodendienst mit einem entsprechend eingewiesenen Servicemitarbeiter besetzt. Der kann die blind abgesetzten Funkmeldungen der an- und abfliegenden Piloten neben seiner Arbeit mithören. Er wird aber nur im Bedarfsfall als Flugleiter tätig.

Das Schönhagener Verfahren ist in vielen Nachbarländern längst Praxis. Kein dänischer Inselflugplatz leistet sich den Luxus eines nicht beschäftigten teuren Typen im Turm. Selten nur bekommt der Pilot eine Antwort, der sich einem französischen Flugfeld in der Absicht zu landen nähert. Und in England kann man auch nur an großen Flugplätzen eine besetzte Bodenfunkstelle erwarten.

Diese Länder haben damit seit Jahrzehnten gute Erfahrungen gemacht. An einigen Verkehrslandeplätzen in Frankreich ist es sogar möglich, VFR-Nachtlandungen und IFR-Approaches rund um die Uhr durchzuführen, ohne dass Bodenpersonal anwesend ist.

Die rechtlichen Voraussetzungen sind für „Fliegen ohne Flugleiter“ auch in Deutschland gegeben. Sie sind im Paragraphen 53 Absatz drei festgeschrieben. Dort heiß es:

”Der Landeplatzhalter hat auf Verlangen der Genehmigungsbehörde eine oder mehrere Personen als Flugleiter zu bestellen. Die Bestellung bedarf der Bestätigung durch die Genehmigungsbehörde.”

Der Gesetzgeber hat hier also die Ausnahme, nicht die Regel vorgegeben. Der Luftamtschef, Regierungsdirektor Joachim Leyerle, von Hause aus Verwaltungsjurist, hat sich nach langer Bedenkzeit dazu durchringen können, von einer deutschlandweit geübten Praxis im Modellfall Schönhagen abzuweichen.

Weniger Personalkosten aber mehr Flugbewegungen

Tausend Arbeitsstunden wird Schönhagen im Jahre 2005 durch „Fliegen ohne Flugleiter“ einsparen. Das hat Klaus-Jürgen Schwahn schon mal ausgerechnet. Selbst an seinem relativ gut ausgelasteten Landeplatz mit 23.000 Starts im Jahr decken die Einnahmen aus Landegebühren gerade mal ein Drittel der dem Flugbetrieb zugeordneten Personalkosten.

Doch geht es dem scharf rechnenden Schwahn vordergründig nicht um Einsparen von Personalkosten, sondern um eine Erhöhung der Einnahmen. Die will er in den Sommermonaten durch viele zusätzliche Landungen zwischen 20 und 22 Uhr erzielen und durch frühe Starts zwischen sechs und acht Uhr.

Für den Schönhagener Geschäftsführer, der über viele Jahre seinen Lebensunterhalt als Fluglehrer in den USA verdienen musste, ist der didaktische Effekt von „Fliegen ohne Flugleiter“ wichtig. Zu Pilot und Flugzeug sagte er: „Unsere Piloten werden jetzt zu erhöhter Luftraumbeobachtung und mehr Eigenverantwortung angehalten.”

„Fliegen ohne Flugleiter“ in Schönhagen platzt hinein in eine Zeit, da allen Brandenburger Landeplätzen das Wasser bis zum Hals steht. Allein in der Umgebung von Berlin wurden acht von 20 untersuchten Flugplätzen durch ein im Auftrag der Landesregierung erarbeitetes wissenschaftliches Gutachten „wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit” attestiert. Die meisten davon sind Verkehrslandeplätze.

Besinnung ist darum angesagt, bevor niedrig frequentierte Flugplätze an den Personalkosten zugrunde gehen. Oftmals ist es Unkenntnis, insbesondere bei Flugplätzen in kommunaler Regie. Denn: Nirgendwo steht geschrieben, dass bei Flugbetrieb in irgendeiner erhöhten Glaskanzel jemand am Mikrophon sitzen muss.

Unkontrollierte Plätze, also auch Verkehrslandeplätze, haben eine Betriebsgenehmigung. Und in dieser Betriebsgenehmigung steht regelmäßig, dass ein Flugleiter oder ein Beauftragter während der Betriebszeit anwesend zu sein hat. Nirgendwo steht, mit Sicherheit in keiner einzigen Betriebsgenehmigung irgendeines deutschen Landeplatzes, dass man dazu einen Turm braucht, in dem einer sitzt und Flugverkehrsinformationen erteilt.

Natürlich benötigt ein Flugplatz auch Personal. Ein Flugplatz ist ein Dienstleister. Da wird Treibstoff ausgeschenkt, für ein Taxi gesorgt, ein Hangarplatz organisiert, will der Kunde länger bleiben. Auch Gebühren werden kassiert. Der Flugplatz muss ja existieren

Ob ein Flugplatzinformationsdienst durch Besetzung eines „Towers” erfolgen muss, entscheidet man aus der Situation. Und genau das wird jetzt in Schönhagen Usus werden. Herrscht viel Verkehr, ist ein Infodienst sicher sinnvoll. Bei wenig Verkehr, montags bis donnerstags von etwa neun bis zwölf Uhr ist die permanente Besetzung des Towers Geldverschwendung.

Man kann nur hoffen, dass viele andere Verkehrlandeplätze diesen wirtschaftlichen und für den Kunden deutlichen Vorteil erkennen und nachziehen.
”Jagd die Kerle aus den Türmen und gebt ihnen sinnvolle Arbeit!”

Joachim Adomatis


  
 
 





1 Beiträge Seite 1 von 1

 

Home
Impressum
© 2004-2024 Airwork Press GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung der Airwork Press GmbH. Die Nutzung des Pilot und Flugzeug Internet-Forums unterliegt den allgemeinen Nutzungsbedingungen (hier). Es gelten unsere Datenschutzerklärung unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier). Kartendaten: © OpenStreetMap-Mitwirkende, SRTM | Kartendarstellung: © OpenTopoMap (CC-BY-SA) Hub Version 14.22.03
Zur mobilen Ansicht wechseln
Seitenanfang