10. Dezember 2003 Joachim Adomatis
Politik: Verfranzt mit Galileo
Den Europäern geht die Orientierung verloren
Das Satellitennavigationssystem Galileo, sollte das US-Konkurrenzsystem GPS verdrängen. Ein teures europäisches Prestigeprojekt: Rein zivil sollte es sein, unantastbar für die Militärs und ausschließlich auf wirtschaftliche Nutzergruppen ausgerichtet. Das Gegenteil ist eingetreten. Die USA erreichten, dass sie es in Krisenfällen abschalten dürfen.
Europas satellitengestütztes Navigationssystem Galileo wird auf einer Frequenz arbeiten, die für US-Militärs jederzeit beeinflußbar sein wird. Dies berichtet die Frankfurter Rundschau in den ersten Dezembertagen. Die US-Strategen beanspruchen, ohne Europa konsultieren zu müssen, bei Konflikten oder in einem erklärten Krisenfall, das System Galileo ebenso abzuschalten wie das eigene "Global Positioning System" (GPS).
Wenn die Medici das gewusst hätten: Das Galileo-Programm der Europäischen Union | © ESA | Das Frankfurter Blatt beruft sich in seinem Bericht auf Gespräche, die der Direktor der Europäischen Kommission für Landverkehr, Heinz Hilbrecht, der als Leiter einer EU-Verhandlungsgruppe in Den Haag mit amerikanischen Vertretern geführt hat.
Vier Milliarden Euro wird Galileo nach ersten Schätzungen verschlingen. Nur die Hälfte, so hieß es bisher immer beruhigend, werde aus Steuergeldern kommen, weil die Industrie mit den Entwicklungskosten beteiligt werden sollte. Die enormen Kosten wurden mit dem Argument europäischer Unabhängigkeit gerechtfertigt. Und Frankreichs Präsident Jacques Chirac behauptete sogar, ohne Galileo werde Europa zum Vasallen der USA.
Eben weil das inzwischen weltbeherrschende amerikanische GPS-System für das US-Militär entwickelt wurde, seine vielfältigen zivilen Nutzungsmöglichkeiten damit nur Abfallprodukte darstellten, wollte Europa die Welt mit seinem rein zivilen Galileo beglücken.
Die Europäer kamen zu spät
Als 1999 die EU-Gremien die Entwicklung ihres eigenen Satellitennavigationssystems Galileo beschlossen, war dies zu spät. Das amerikanische GPS-System war zu dieser Zeit bereits weltweit etabliert. Die zivilen Anwendungsbereiche hatten sich als zuverlässig, sicher und trotz militärischer Dominanz als hinreichend präzise erwiesen: 80 Prozent der Luftfahrt navigiert inzwischen mit GPS.
Von Anbeginn war der Verdacht nicht auszuräumen, dass mit Galileo versucht werden könnte, von den Nutzern zu kassieren. Die GPS-Navigation ist umsonst
Bis 2008 sollen, nach mehrfach korrigierten Zeitplanungen, 30 Europa-Satelliten in Erdumlaufbahnen von 24.000 Kilometern Höhe gebracht werden. Bisher ist aber noch keiner davon oben. Bereits 2001 sollten die Entwicklungen für Galileo beginnen. Doch erst für 2006 sind zwei Missionen der europäischen Trägerrakete "Ariane" geplant, die jeweils acht Satelliten ins All befördern kann. Die übrigen Satelliten sollen mit der russischen "Sojus" transportiert werden, die jeweils zwei Satelliten tragen kann.
Nach ihren ursprünglichen Plänen wollten die Europäer Galileo im gleichen Frequenzbereich einrichten, in dem die Amerikaner das verschlüsselte Signal für das Militär betrieben. Im Falle einer Störung von Galileo, hätte dies das US-System in Mitleidenschaft gezogen. Darin sollte für die Europäer eine Garantie ihrer Unabhängigkeit liegen. Damit ist nun Schluss.
Schon im August berichtete der NDR in seiner Sendung "Streitkräfte und Strategien", dass die Europäer beim Satellitenavigationssystem Galileo den Amerikanern gegenüber wohl einlenken werden. Die US-Amerikaner verlangten, das Galileo-Signal abzuschwächen und qualitativ zu verschlechtern. Die Berichterstattung des NDR wird nun durch das Verhandlungsergebnis bestätigt.
Mit Galileo haben sich die Europäer verfranzt.
Werden sie die Orientierung wieder finden? - Eurofighter und der militärische Großtransporter A400M lassen nichts Gutes ahnen: Wieder so ein Europa-Projekt, das mit Milliarden-Summen subventioniert wird, aber bereits wirtschaftlich tot ist, bevor es beginnt.
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