In meiner langen Berufslaufbahn habe ich mindestens ein halbes Dutzend Beraterhorden durch die Flure geschickt bekommen. Die Jüngsten unter Ihnen ( in der Kollegenschaft " Schnellspritzer" genannt), setzen sich uns quasi auf den Schoß, fragen nach Betriebsabläufen und was man besser machen könnte. Diese Vorschläge finden sich dann in atemberaubend teuren Gutachten wieder. Auf meine Frage an den Vorstand warum die Mitarbeiter nicht durch die Geschäftsleitung direkt befragt, der teure Umweg über KPMG, Boston Consult, usw. gemacht wird, bekamen wir zu Antwort. "Weil der Aufsichtsrat eine MEinung von aussen will!"
Been there, done that. Ich war mal so ein junger Berater (für kurze Zeit, dann wollte ich doch lieber im Mittelstand selbst in eine Entscheiderrolle).
Der Strategieberater, insbesondere und vor allem der junge Strategieberater, macht schon "ein bisschen mehr" als Stille Post spielen. Aber ganz abwegig ist deine Beobachtung auch nicht. Und sowas ist auch nicht wertlos. Ich erinnere daran bzw. informiere darüber, dass Richard Feynmans medienwirksame Aufklärung der Challenger-Katastrophe am Ende nichts anderes war. Er selbst schreibt in einer Autobiographie, dass die entscheidenden Infos über die eingefrorene Dichtung der Feststoffrakete, die dann nicht mehr dichten konnte, auf der Arbeitsebene der NASA längst vorhanden war, und Verbesserungsvorschläge wegen des bürokratischen Aufwands nicht umgesetzt wurde.
Aber was ich eigentlich frage: warum kritisierst du in deiner Story eigentlich die Berater, und dann auch noch gerade die jungen (die immerhin wirklich schuften für ihr Geld)? Solltest du nicht vielmehr den Auftraggeber (in diesem Fall deinen Aufsichtsrat) kritisieren? Oder zumindest die Senior-Berater, die hohe Fees für dieses Stille-Post-spielen verlangen?