Der Airport von Rimini hat in der letzten Zeit ja nicht gerade die besten Bewertungen erhalten. Das sollte uns aber nicht davon abhalten im Juli dort eine Freundin zu besuchen, eine Woche lang die schöne Altstadt (und besser nicht so viel den Strand) zu besuchen. Mangels Avgas in Rimini, so der Plan, geht es dann zu einem Tankstopp nach Graz, wiederrum um Freunde zu besuchen. Der Fokus dieses Beitrags soll wieder auf der Flugplanung und -durchführung liegen, nicht auf den touristischen Attraktionen vor Ort. Vielleicht kann der eine oder die andere ein IFR-Einsteigerin einen Einblick in solche Flüge gewinnen und vielleicht kann ich noch etwas von den Forumsteilnehmern mit mehr Erfahrung lernen. Und los geht es.
Hinflug
Die formalen Themen sind einfach, für Rimini beantrage ich per Email PPR, welches nach 1h bewilligt wird. Daneben checke ich noch was aktuell für eine Einreise in Italien nötig ist. Das Hotel ist für 7 Nächte gebucht, ein Flugplan ist schnell mit dem Autorouter zusammengeklickt. In Rimini werden wir noch ca. 50 Gallonen in der Cirrus haben, das würde ja auch wieder für den Rückweg reichen. Wir möchten zum einen aber noch unsere Freunde in Graz besuchen, zum anderen können ungünstige Wetterlagen über den Alpen auch schnell eine zu knappe Spritkalkulation an die Grenze bringen.
Ab jetzt gilt das Augenmerk dem Wetter für die Alpenüberquerung. Mit dem Telegram-Interface rufe ich täglich ein GRAMET Diagramm ab. Einige Tage vor dem Trip sind noch hochreichende dichte Wolken prognostiziert, diese werden aber Tag für Tag weniger. Durch Italien würde ich gerne IFR fliegen, damit haben wir drei Optionen: Direkt in FL160 obendrüber, in einem weiten Ostbogen IFR im „Warmen“ (FL100) oder VFR durch die Täler und Pickup in Italien. Die Wetterberichte sagen aus, dass die Anstauung und all das Wasser in der Luft gegen Abend des Flugtags nach Osten abziehen wird. So zeichnet sich am Vorabend des Flugs ab, dass die Täler wohl zu sind aber gegen Nachmittag keine hochreichende Wolken mehr über den Bergen stehen. Der Plan steht also: nachmittags IFR in FL160 direkt über die Alpen. Apropos „warme Route“: Durch eine Limitierung der Routing-Engine auf eine warme Flugfläche, generiert der Autorouter ganz einfach einen alternative Route unterhalb des Freezing Levels (mit entsprechendem Umweg). Diese Route sollte jedoch mit der Karte der ATC Minima aus der österreichischen AIP abgeglichen werden. Beim der letzten Alpenüberquerung war der Autorouter der Meinung, dass wir in FL90 in einem schönen Ostbogen fliegen können, die Aussage von ATC war: „minimum Flightlevel 160“, was zu einer hektischen Suche von Wegpunkten und Sauerstoff geführt hat ;).
Um die Mittagszeit sind wir bei Nieselregen am Flugplatz. Der METAR verspricht auch schönes IFR-Wetter: EDMA 090920Z 25012KT 9999 VCSH BKN009 BKN025 15/14 Q1021. Wir checken und beladen die Cirrus in der Halle und als der Aushall-Dienst des Airports kommt, hört auch der Regen auf. Wir können also im Trockenen boarden und starten. Bald nach dem Rotieren sind wir in der Suppe und müssen über FL100 noch für ein paar Minuten das TKS anschalten, bevor wir oben an der Sonne sind. Über die Alpen geht es problemlos, nur noch eine dünne BKN-Schicht liegt unter uns, im südlichen Teil der Alpen ist es sogar wolkenfrei. Die Italienischen Lotsen behalten uns noch relativ lange auf FL100, so dass wir für einen geschmeidigen Descent und geschmeidige Trommelfelle ATC vorschlagen, gemütlich im Holding zu sinken. Ich dachte, das entlastet den Lotsen, bisher kam mir ATC in Italien nicht immer super flexibel vor. Dieser bietet jedoch von sich aus Delay-Vektoren an und so ziehe ich (wenn auch ungern) das Gas ein Stück heraus, damit alles gut aufgeht. Ansonsten sind die Cirrus-Descents mit 200kt schon immer schön ;)
Auf dem Boden bekommen wir Rollanweisungen zum Apron, dort wartet der Marshaller. Wir bekommen Stand 106 zugewiesen, da weiß ich auswendig wo der liegt, denn bei Google Maps steht da auch eine Cirrus ;). Mit dem Follow-Me kommen wir ins Terminal, wo sowohl Polizei, wie auch Zoll die Ausweise kontrollieren. Ebenso prüft der Polizist sehr genau die Corona Tests und den Ausdruck des Einreiseformulars. Auf jeden Fall sind heute hier schon einmal alle viel freundlicher und schneller, als in den eddh.de-Berichten erwähnt. Der Marshaller transportiert unsere Koffer bis zum Taxi, diesen Service sollten wir dann später auf der Rechnung wiederfinden.
Rimini
Wie in der Einleitung beschrieben: wunderschöne Stadt, super nette Meschen, leckeres preiswertes Essen, kein einziger deutscher Tourist in der Stadt, am Strand sind wir nur einen Tag. Ach ja, ein Highlight noch: 2 Tage nach unserer Ankunft ist das EM Endspiel Italien-England, welches wir in netter Gesellschaft in einem Restaurant am Hafen ansehen und feiern.
Inzwischen zeichnet sich ab, dass das Treffen mit unseren Freunden in Graz nicht klappen wird. Damit starten die Überlegungen für eine Umplanung: Trotzdem noch nach Graz (kalt?) oder noch in Rimini bleiben (Unterkunft?) oder noch drei Tage nach Piran samt Tankstopp? Graz ist dann schnell vom Tisch, wir wollen am Meer bleiben. (@Patrick&Jan: Wir sind ja große Graz-Fans aber die Sonne hat gewonnen ;)). In Piran finden wir spontan keine tolle Unterkunft und als wir in unserem zunächst ausgebuchten Hotel über die Warteliste dann noch unser Zimmer behalten können, steht der Plan: Wir bleiben hier und gehen auf dem Heimweg in Portoroz tanken. Der Sprit in der Cirrus würde für den Rückflug nach Augsburg locker reichen, es zeichnet sich aber ab, dass der Rückflug nicht direkt obendrüber klappen wird, sondern dass wir in Fl100 die Ostroute fliegen müssen. Mehr Sprit bietet mehr Optionen, außerdem ist es in Portoroz billiger als in Augsburg.
Rückflug
Ich lasse mir die Flugpläne im Autorouter erstellen und kläre mit Portoroz per Email, ob wir für den Tankstopp (Transit) einen Schnelltest brauchen. Wenn wir auf dem Flughafengelände bleiben, geht es ohne, so die Auskunft. Im Nachhinein war es eher eine blöde Idee ohne Test in Rimini loszufliegen. Wären wir wegen Wetter oder Technik irgendwo in Slowenien oder Österreich gestrandet, wäre mit Test alles einfacher gewesen.
Am Airport in Rimini werden wir unkompliziert an den Linienpassagieren vorbeigeschleust und gelangen so ins GAT Office. Die Rechnung fällt dann etwas höher aus als angenommen, neben der in den PIREPS erwähnten GA-Gebühr kommen noch 60 Euro fürs Gepäck-Handling obendrauf, so dass wir mit 270 Euro für 10 Tage Aufenthalt auschecken. Klar ist das teurer als auf einem deutschen Verkehrslandeplatz (naja, Landshut könnte vielleicht rankommen ;)), aber für so einen Urlaubstrip auf 10 Tage umgelegt (schöngerechnet) durchaus im Rahmen. Westerland wäre teurer und weniger cool gewesen ;).
Der Trip nach Portorz ist unspektakulär, schon auf der SID bekommen wir Shortcuts und ein Visual Apprach am Ziel verkürzt weiter die Flugzeit. Der Tankwagen ist sofort da und wir tanken die Cirrus auf. Beim Schalter für die Einreise gibt es ein paar Diskussionen wegen unserer fehlenden Tests, aber schon kurz darauf haben wir Landung, Sprit und einen Automatenkaffee bezahlt und begeben uns wieder zum Flugzeug, mit zwei coolen Portoroz-Airport-Wasserflaschen in der Tasche. Vor dem Anlassen aktualisiere ich noch kurz das Wetter in der Golze-App über LTE. Während der Bio-Pause hatten wir die Entwicklung der Gewitter über Italien und Österreich angesehen, die Route über Graz sollte klappen. Nach dem Takeoff ist ein neues Radarbild verfügbar, so dass wir ein paar Bilder für eine Animation der Entwicklung haben. Unserer Route führt durch eine viel zu bunte Zone in der App, anhand der Animation wird klar, dass wir dem Wetter besser nach Osten hin ausweichen. Dank ADL können wir früh ein Avoidance-Heading mit nur 10 Grad nach rechts beantragen. Das führt uns genau an der Kante des Regengebietes entlang: Links von uns alles schwarz, rechts von uns Sonne und Wolken.
So kommen wir mit ausreichend Abstand an den Zellen über Slowenien vorbei und richten unsere Aufmerksamkeit auf eine große Zelle bei Graz, um die wir noch südlich herumfliegen wollen, bevor wir nach Norden abbiegen. Mit ATC haben wir verhandelt, dass wir bis Graz fliegen wollen, der Turn dort erweist sich dann doch als etwas zu sportlich, für 1-2 Minuten sind wir IMC mit mittlerer Turbulenz und sehr starkem Regen. Da wäre es besser gewesen mit ATC einen größeren Abstand auszuhandeln, bzw. vor dem Turn noch ein paar Meilen geradeaus zu fliegen. Der Rest des Flugs ist wieder unspektakulär, kurz vor Deutschlang noch ein wenig IMC mit Regen. Auf einem RNP07 geht es nach Augsburg.
Fazit
Rimini ist echt eine super Stadt, die schlechten PIREPS über den Airport haben sich so nicht bestätigt. Achja und Italien ist Europameister. Zum Fliegerischen: IFR-Alpenüberquerungen sind relativ entspannt, wenn man im Vorfeld schon verschiedene Optionen (drüber, durch, drumherum) parallel offen hält. Ohne Inflight-Wetter mit ADL wären solche Trips deutlich unkalkulierbarer. Ein Onboard-Radar kann das Satelliten-System mit 15 Minuten Refresh-Rate aber nicht ersetzen, nur ergänzen. Radar an Bord fehlt mir bei der Cirrus bei solchen Trips. Der Schirm hingegen erhöht die Überlebenschancen ein wenig, wenn man über die bewölkten Alpen fliegt. Eine echte Lebensversicherung ist der Schirm über den Bergen aber nicht, ebenso wenig ist es das TKS: Bei Zweifeln bleibe ich lieber unterhalb vom Eis auf einer Umweg-Route und tausche Adrenalin gegen Avgas.