6. November 2017 Jan Brill LBA macht jetzt auch Qualitätskontrolle bei anderen EASA-Behörden! Wenn man – wie im Fall des Luftfahrtbundesamts (LBA) – die anerkannt zweitschlechteste von 32 EASA-Behörden in Europa seinen Arbeitsplatz nennt, könnte man erwarten, dass ein Mitarbeiter dieser stark verbesserungsfähigen Einrichtung zumindest behutsam ist, wenn es darum geht, andere Behörden, die sowohl in den EASA-Audits wie auch in der täglichen Praxis eine um Größenordnungen bessere Figur machen, zu belehren. Leider ist zumindest der Abteilung L4 unter Leitung von Frau Yvonne Dams solche Zurückhaltung offenbar fremd. Genehmigungen anderer EASA-Behörden werden da rundweg als unzureichend und rechtsfehlerhaft eingestuft. Dumm nur, wenn am Ende dann herauskommt, dass es beim LBA – erneut – am nötigen Textverständnis hapert. Niemand würde uns bei Pilot und Flugzeug vorwerfen, dass wir dem LBA mit übermäßigem Zutrauen gegenübertreten. Es gibt jedoch bestimmte Vorgänge, da haben wir Kollegen und Kunden bislang immer beruhigt: „Das geht. Das klappt zuverlässig.“ Dazu gehörte der Eintrag einer einfachen Klassen- oder Musterberechtigung in die Lizenz, auch wenn diese bei einer Schule in einem anderen EASA-Land erworben wurde. Der Vorgang ist in der heutigen EASA-Praxis auch so alltäglich und trivial, dass alles andere eine Katastrophe wäre. Macht man eine Berechtigung bei einer Schule außerhalb des eigenen Lizenzstaats, muss eben die Genehmigungsurkunde der Schule mit eingereicht werden, damit die lizenzführende Behörde auch prüfen kann, dass die Schule zur Ausbildung berechtigt ist. Vollkommen normaler Behördenverkehr. Soweit. Nun betreiben wir seit 2014 eine solche Schule am Wohnort des Autors in Österreich. Dort haben wir dutzende Muster- und Lehrberechtigungen ausgebildet. Für nicht weniger als acht andere EASA-Staaten bislang. Überall das gleiche Verfahren. Eingereicht wird:
Einige Länder verlangen noch ein oder zwei Stücke Papier mehr (z. B. Lizenz des ausführenden Fluglehrers), aber damit kann man leben. Dass so etwas zügig läuft, ist auch sinnvoll, denn die wenigsten Schüler erwerben eine teure Turboprop- oder Jet-Musterberechtigung zum Spaß. Die meisten tun dies im Auftrag ihres Arbeitgebers und zum Broterwerb. Der Auftrag, den wir im September durch einen gewerblichen Flugbetrieb erhielten, war denn auch nichts weiter Besonderes. Drei neue Piloten benötigen eine Musterberechtigung für die Cheyenne. MP ops und für die Rolle als Copilot. Da das Flugzeug aufgrund einer anderen obskuren Rechtsauffassung des LBA dafür aus dem gewerblichen Flugbetrieb ausgegliedert werden musste, galt es, die gewerbliche Down-Time so gering wie möglich zu halten. Also stellten wir in der ATO einen Unterrichtsplan auf, der es erlaubt, drei Ratings in drei Tagen zu schulen. Und natürlich wurden wir rechtzeitig fertig. Alle (Lehrer, Examiner, Schüler und Flugbetriebs-Personal des Kunden) waren auf Ballhöhe und zogen mit. Es blieb sogar noch Zeit, ein paar unvermeidliche Extra-Schulungs-Bedürfnisse der Schüler zu identifizieren und zu bearbeiten.
Nach zwei Wochen dann der unerwartete Tiefschlag durch das LBA: Alle drei Kandidaten bekamen durch unterschiedliche Sachbearbeiterinnen den mehr oder weniger gleich lautenden Bescheid: Für die Erteilung der o. g. Musterberechtigung liegt uns unter anderem der Nachweis „Course Completion Certificate“ mit einer angegebenen Flugzeit von 6:13 Stunden vor. An diesem Schreiben sind gleich mehrere Punkte problematisch:
Was das Referat L4 hier meint, ist der AMC2 ORA.ATO.125 Abschnitt (l) Ziffer (1) Satz 3 bis 4. Und da steht: For training on a single-pilot aeroplane, 10 hours of flight training should normally be required. It is accepted that for some relatively simple single or multi-engine aircraft without systems such as pressurisation, flight management system (FMS) or electronic cockpit displays, this minimum may be reduced. Offenbar hat man beim LBA den Absatz wirklich nicht bis zu Ende gelesen! Jetzt könnte man meinen, dass ein z. B. im Vergleich zur Seminole wirklich komplexes Flugzeug wie die Cheyenne sicher nicht unter die Flexibilitätsbestimmung im letzten Satz fällt und daher zehn Stunden bestimmt gefordert seien. Kontext ist für das Leseverständnis aber ebenfalls wichtig. Das lernen die meisten Schüler im Deutschunterricht der Sekundarstufe 1. Und unser Kontext hier ist: Der ganze Abschnitt bezieht sich auf Type-Ratings. Also per se schon auf Flugzeuge wie z. B. • Citation, Unter diesen Flugzeugen ist der olle Bauernadler namens Cheyenne I tatsächlich eines der allersimpelsten. Sie weist nicht nur zwei der drei beispielhaft gegebenen Merkmale auf (kein FMS, kein EFIS), sondern erfüllt auch noch einige wichtige andere „such as“ Eigenschaften: • kein RVSM, Jedem, der solche Flugzeuge aus der Praxis kennt, ist eines klar: Wenn ein Muster in den Genuss von „this minimum may be reduced“ kommt, dann die gemütliche Turbinen-Navajo namens Cheyenne I und II.
Jetzt kann man dem LBA nicht vorwerfen, wenn es die eingereichten Unterlagen für eine Musterberechtigung prüft. Das ist die Aufgabe des Amts. Dass es dies ohne hinreichendes Textverständnis und ohne Praxiskenntnisse des Musters und seiner Eigenschaften tut, ist bedauerlich und trägt als systemische Ursache maßgeblich zum schlechten Abschneiden der Behörde im EASA-Vergleich bei. Es ist aber ganz einfach falsch. Für diese drei Schüler haben dank erheblicher Vorkenntnisse (bis zum A320) die sechs Stunden einfach gereicht. Das ist übrigens nicht immer so. Der Durchschnitt unserer Praxisausbildungen Cheyenne liegt sogar noch deutlich über den vom LBA so geliebten zehn Stunden. In dem Fall war‘s aber nun mal gut mit sechs bis sieben Stunden und daher haben wir im Einklang mit Genehmigungsbehörde und zugelassenem Kursprogramm dem Kunden auch keine weiteren Stunden angedreht. Was das LBA hier tut, das ist nicht nur sachlich falsch, es ist auch der ausländischen EASA-Behörde und Flugschule gegenüber wenig kollegial, um nicht zu sagen: Es ist stinkend arrogant. Denn entweder unterstellt das LBA der Schule, dreimal hintereinander nicht bis zehn zählen zu können, oder es unterstellt der ausländischen EASA-Behörde, einen nicht regelkonformen Kurs genehmigt zu haben. Beides ist – zumindest nach unserer Erfahrung – wenig plausibel. Warum um Himmels Willen nimmt man, statt die Schüler, die von all diesen Feinheiten am wenigsten wissen, mit ungenauen, aber hochtrabend formulierten Unsinnsschreiben zu traktieren, nicht einfach mal das Telefon zur Hand oder schreibt eine E-Mail und fragt bei der Schule im fernen Austria nach? Und wenn die Behörde dann denkt: „Der Brill kann ja viel erzählen ...“, dann bleibt ja immer noch der Weg, einfach mal in unser veröffentlichtes und genehmigtes Kursprogramm zu schauen. Auch das ist auf dem Course Completion Certificate über die Webadresse verlinkt. Und wenn da steht, dass sechs Stunden ausreichend sind, und man in Braunschweig immer noch der Ansicht ist, „die lügen doch alle“, dann könnte man ja einfach mal kurz bei den Kollegen der ausländischen Behörde anrufen. Die schulen die LBA-Sachbearbeiter garantiert gerne nach! So würde man in einem lösungsorientierten Umfeld vorgehen – bevor der Kunde und die ATO mit Unfug traktiert werden.
Es ist unwahrscheinlich, dass es sich hier um voneinander unabhängige Fehlleistungen mehrerer Sachbearbeiter handelte. Die Formulierungen waren gleichlautend, die Irrtümer exakt dieselben. Auch die Geschwindigkeit, mit der der Vorgang im Zuge der Aufklärung durch die ATO in Richtung Referatsleiterin Dams befördert wurde, lässt darauf schließen, dass hier nach internen (und sachlich falschen!) Vorgaben verfahren wurde.
Es wäre tatsächlich schwer vorstellbar, für welches Flugzeug die Braunschweiger Behörde von den zehn Stunden abweichen könnte. Denn innerhalb der Single Pilot High-Performance-Complex-Motor-Powered-Aeroplanes, wie diese Klasse so griffig heißt, geht es eigentlich nicht mehr primitiver als die PA-31T1. Allenfalls vielleicht noch die DHC-6 Twin Otter. Die hat nicht mal mehr eine Druckkabine. Schulen, deren Behörde also individuell und sachkundig prüft, haben in Europa einen ganz erheblichen Wettbewerbsvorteil. ATOs, deren Genehmigungsbehörden an uralten Zöpfen festhalten (weil es schon immer zehn Stunden waren!), können im Wettbewerb kaum bestehen. |
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starker Tobak... unter Annahme, daß diese eine bestimmte ATO dem LBA hinreichend bekannt sein dürfte, rückt in der Verwerflichkeit dieses Vorgangs Absicht oder bedingter Vorsatz und somit §240 StGB in Reichweite... | ||||||
Ich bin zwar kein Anwalt, aber meines Wissens gibt es kein Unternehmens- und erst recht kein Behördenstrafrecht. Die korrekte Adresse sollten Verwaltungsgerichte sein, nicht Strafgerichte. Aber vorher sollte evtl. die ATO mal zum Hörer greifen... Frage an Jan Brill: In dem Artikel fehlt mir jetzt noch ein kleiner Absatz, wie Ihr in der Sache weiter verfahrt habt bzw. verfahren wollt. LBA-Bashing ist ja das Eine und sicherlich auch angebracht, aber wie geht's jetzt weiter? Olaf | ||||||
aber wie geht's jetzt weiter? Sorry, ich dachte das wäre im Text klar geworden: Die ausländische EASA-Behörde darf dem LBA gegenüber nochmal bestätigen, dass sie wirklich genehmigt hat, was sie genehmigt hat.
... nach vier Wochen Eiertanz in denen die drei Kollegen nicht arbeiten konnten.
viele Grüße | ||||||
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